1904 -
Leipzig
: Wachsmuth
- Autor: Weigeldt, Paul
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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geringen Verdienstes — der Helgoländer lebt überaus einfach
(Kartoffeln und Fische!) — auf der Insel kaum vor, und Bettler
sind unbekannt. Dabei sind die Bewohner mit einer Liebe zu ihrer
Heimat erfüllt, wie sie bei keinem anderen Volke stärker ausgeprägt
sein kann. Und wäre es ihnen nicht um das Geld, das die Fremden
auf ihrer Insel lassen, und das ihnen gestattet, häufiger als sonst
zum Tanze, „ihrem höchsten aller irdischen Genüsse“, zu gehen, sie
wären es wohl zufrieden, wenn ihr heimatlicher Felsen wieder in
die Vergessenheit zurücksänke, aus der ihn Siemens durch die
Eröffnung des Seebades im Jahre 1826 gezogen hat.
Helgoland ist eine ursprüngliche Insel; denn es ist auf dem
Meeresgründe entstanden und niemals mit dem Festlande verbunden
gewesen. Die Düne ähnelt bezüglich ihrer Entstehung gewisser-
maßen den festländischen oder Kontinentalinseln; denn sie
ist durch oberflächliche Abtrennung (freilich nicht von der Küste)
entstanden. Weiter veranschaulichen die beiden Inseln recht schön
die zwei Hauptformen der Küste (Flach- und Steilküste) und
bietet Helgoland Veranlassung, der Küstenzerstörung, die Düne
aber, der Küsten Vergrößerung zu gedenken.
In welcher Weise vermag nun aber das Meer eine Küste zu
verändern? Jede Küste befindet sich nach Pfaffs trefflichem Alls-
spruche im Belagerungszustände, aber trotzdem finden wir überall
Küstenstellen, die vorwiegend unter Zerstörung leiden, neben
anderen, deren Veränderung hauptsächlich durch Anschwemmung
erfolgt. Unter den zerstörenden Kräften ist die Brandung jeden-
falls die mächtigste. Indem die brandende Woge an eine steil
ins Meer abfallende Felsenwand schlägt, preßt sie die in den
Spalten befindliche Luft zusammen und lockert dadurch das Gefüge.
Zieht sie sich zurück, so wird die Luft nachgesogen und kleine
Gesteinsteilchen werden dadurch herausgeführt. Durch den Stoß
der Brandungswelle werden auch kleine und größere, durch die
Einwirkung des Wassers mechanisch gelöste oder chemisch zer-
setzte Teile vom Felsen losgelöst. Die feineren Zerstörungsprodukte
dienen der brandenden Woge nun gleichsam als Feile, um durch
wirksamere Reibung auch das feste Gestein innerhalb seiner Bahn
abzuschleifen, die gröberen werden als Wurfsgeschosse gegen die
Felswand geschleudert („Artillerie des Meeres“) und äußern auf