1907 -
Leipzig
: Wachsmuth
- Autor: Weigeldt, Paul
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Eichen, die Schutz vor dem Sturm und vor Blitzgefahr gewähren.
Der Fernblick auf eine solche Siedelung ist von ganz besonderem
Reize. Zuerst sieht man nichts als den Hain; nur eine schwache,
blaue Rauchsäule zeigt an, daß hier Menschen wohnen. Kommt
man näher, so tauchen zuerst die mehr dem Rande genäherten
Nebengebäude auf, in einfachster Bauart aus Brettern und Balken
zusammengefügt, später wird auch der eigentliche Hof sichtbar.
Die einfachste Grundform des (sächsischen) Bauernhauses ist:
ein großes, einstöckiges Giebelhaus, der Länge nach fast durch-
gehend in drei Räume geteilt. Den Hauptzugang bildet ein großes
Einfahrtstor an der Giebelseite. Der Türbogen desselben weist
am Gesimsbalken den vollständigen Namen des Erbauers und
seiner Ehefrau auf, darunter oft einen Spruch religiösen Inhalts,
wie etwa:
Min Geschlecht lat ni vergahn,
Lat et from vor di bestahn.
Treten wir durch die große Bogentür, die gewöhnlich aus
einem unteren und oberen Stück besteht, in das Haus ein, so
stehen wir auf der Diele, deren Boden aus festgestampftem Lehm
hergestellt oder auch wohl mit Steinfließen belegt ist, was das
Ausdreschen des Kornes sehr erleichtert. Die Diele ist so geräumig,
daß ein langer Erntewagen mit vier Pferden bespannt darin Platz
finden kann; der Mangel eines Ausfahrtstores nötigt aber zum Zu-
rückziehen jedes eingefahrenen Wagens. Zu beiden Seiten der
Diele befinden sich Stände für Rinder und Pferde, meist offen,
das Vieh mit dem Kopfe nach innen, daß es von der Diele aus
gefüttert werden kann. Über der Diele und den Viehständen ist
bis zum Dachfirst hinauf die Getreide- und Heuernte auf zwischen
die Balken gelegte Bretter und Stangen aufgespeichert. Haben
wir die Diele überschritten, so kommen wir zu dem „Flet“ mit
dem Herde, über dem sich ein gewaltiger Rauchfang erhebt, ge-
füllt mit allerhand Fleisch waren. Das Flet ist der Mittelpunkt
des ganzen Hauses. Hier schaltet und waltet die Hausfrau, von
hier kann sie die Ein- und Austretenden übersehen, das Gesinde
in seinen Arbeiten beobachten, das Vieh überwachen.1) Hier steht
Die Vorzüge des Herdplatzes im Flet hat niemand besser als der Osna-
brücker Justus Möser in seinen „Patrotischen Phantasien“ geschildert, und wir
können uns nicht enthalten, seine Worte hier abdrucken zu lassen: „Der Herd
ist fast in der Mitte des Hauses und so angelegt, daß die Frau, welche bei