1907 -
Leipzig
: Wachsmuth
- Autor: Weigeldt, Paul
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Stubeneingange gegenüber eine Tür in den geräumigen Stall; eine
zweite Tür, durch die das Vieh ein- und ausgeht, ist an der Vorder-
seite des Hauses angebracht. Hinter dem Hausflure liegt die Milch-
kammer, die sich zum Teile schon dem kühlen Boden der an-
lehnenden Bergwand anschmiegt. Durch sie wird das klare, kalte
Wasser einer Qelle geleitet, um die aufbewahrten Vorräte in mög-
lichster Frische zu erhalten. In einem langen hölzernen Troge
schwimmen da Zinkgefäße mit Milch und Holzwännchen mit Butter,
auf seinem breiten Bande aber stehen Bretter mit dem bekannten
Koppenkäse, der nur aus Kuh- und Ziegenmilch bereitet wird, ohne
jede Zutat von Kräutern. Das abfließende Bächlein ergießt sich
seitwärts der Baude in einen Trog, den ein ausgehöhlter Baum-
stamm bildet, an den die heimkehrenden Herden zur Tränke ge-
führt werden und aus dessen oberer Einflußröhre das Wasser zr.m
täglichen Gebrauche entnommen wird. Der Dachraum oder Boden
dient zur Aufbewahrung des Futtervorrates und gewöhnlich auch
als Schlafstätte der erwachsenen Kinder und des Gesindes. Der
Aufgang zu diesem Bodenräume führt meist durch eine Giebeltür
vermittelst einer Leiter, mitunter an der Bergseite über einen höl-
zernen Steg. So ist die Baude in ihrer ursprünglichen Weise; all-
mählich aber hat sich mit dem zunehmenden Fremdenverkehre aus
mancher derselben ein förmlicher Gasthof herausgebildet, mit einem
geräumigen Gastzimmer und zahlreichen, freilich stets sehr kleinen,
im oberen Stockwerke gelegenen Schlafkammern, deren jede einige
Betten aufweist. Indes ist die wahre Natur der Baude dadurch
nur in seltenen Fällen ganz verwischt; ein Rest erfreulicher Ein-
fachheit und Urtümlichkeit geblieben.
Man unterscheidet Winterbauden und Sommerbauden. Beide
haben im wesentlichen dieselbe Einrichtung, die Sommerbauden
sind aber leichter gebaut, denn sie werden nur während der wenigen
Monate bewohnt, in denen das Vieh die Hochwiesen abweidet. Die
Winterbauden liegen meist dorfmäßig beisammen und haben auch
Benennungen wie wirkliche Dörfer, wie z. B. Hain, Baberhäuser,
Brückenberg1), Wolfshau und Klein-Aupa. Die Sommerbauden
J) Dieses Baudendorf ist berühmt geworden durch „die Bergkirche unseres
Erlösers zu Wang“, die auf Kosten Friedrich Wilhelms Iv. aus ihrer Heimat
in Norwegen am Wangsee bei Drontheim nach mancherlei Schicksalen hierher
übertragen und stilgerecht ergänzt worden ist. Sie ist ein gutes Beispiel jener
norwegischen „Stavekirker“ (Holzkirchen), deren bauliches und dekoratives
System bis in das zwölfte Jahrhundert hinaufreicht.