1901 -
Leipzig
: Wachsmuth
- Autor: Weigeldt, Paul
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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«Qu gefährlichen Punkten nicht allein lassen dürfen. Für solche Fälle packen
sie sich Brot und Käse, nur zuweilen auch ein wenig Butter, in eine
.Holz- oder Blechschachtel und verzehren dieses bei einer frischen Quelle.
Der Senn bleibt mit dem Handbuben in der Hütte zurück; er hat
zu buttern und zu käsen. Er rahmt also die Milchschüsseln ab, füllt den
Butterkübel und beginnt — oft von dem Handbuben abgelöst — ihn mit
rüstigen Armen zu treiben. Fließt ein munteres Wasser in der Nähe
der Hütte, so wird wohl auch dieses durch ein sinnreiches Triebwerk mit
dem letztgenannten Teile des Butterns betraut. Die abgerahmte Milch
wird sogleich in dem großen „Kessi" erhitzt und darnach zum Gerinnen
gebracht, so daß sie sich ausscheidet. Währenddessen ist auch die Butter
zustande gekommen und wird zu „Weggen" geformt. Dann wird der
Käseteig ausgehoben, bearbeitet und in Formen gebracht. Ist das alles
gethan und hat man sich durch eiue tüchtige Butterschnitte gestärkt, so
geht es ans Spülen; denn von der Sauberkeit der Melkkübel und Milch-
-gefäße hängt die Güte der zu gewinnenden Milchprodukte ab.
Nebenher läuft dann noch die Sorge für den eigenen Nahrungs-
bedars, der, so einfach er ist, doch gestillt werden muß. Ab und zu muß
auch ein Trank für eine kranke Kuh gekocht werden. Die schwerste Arbeit
Ut's, wenn der Senne seine Molkereiware hinuntertragen muß zu seinem
Bauern.
Nachmittags hätt der Senn Ruhe. Jst's aber Abend geworden,
sinkt die Sonne hinter den Bergen nieder, dann werden die heimgelockten
Kühe abermals gemolken und die Prozedur vom Morgen, samt Abend-
essen und Reinigen der Gefäße schließen die Tagesgeschäfte. Leicht ist
der Dienst wirklich nicht, hat doch mancher Senne bis zu 20 Kühen zu
wersorgeu.
Das Almvolk geht aber auch jetzt noch nicht schlafen, sondern es setzt
sich nach dem Nachtmahl um den Herd zum Heimgarten. Da zündet sich
jeder an der Glut seine Pfeife an und erzählt von seinen Erlebnissen
und von den Unglücksfällen, die sich an den hier oben nicht seltenen
„Marterln" zugetragen haben. Bei einbrechender Nacht tritt dann in den
katholischen Gegenden der Senn vor seine Hütte hinaus und singt mit
lauter Stimme durch einen großen, hölzernen Milchtrichter in der Choral-
melodie der Präsation ein Gebet und den englischen Gruß. Die anderen
Hirten im Gebirge und die im Freien übernachtenden Wildheuer oder
Wurzelgräber, die es hören, knieen nieder und beten dabei.
Mit dem Thale ist wenig Verkehr. Nachricht bringt nur hier und
-da der Bauer, wenn er nachsehen kommt, ob alles in Ordnung ist, oder