1901 -
Leipzig
: Wachsmuth
- Autor: Weigeldt, Paul
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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den abgelegensten Thalwinkeln mit den Marktflecken und Städten. Es
ist fast unglaublich, welche Lasten sie über die rauhen Bergpfade schleppen
und wie groß die Tragfähigkeit durch ihre Gewohnheit wird. Die Duxer
Bntterträger tragen bis zu einem Zentner der Ware mittels Kraxen
übers Wippthal nach Innsbruck. Durch die Hand der Botenleute gehen
Kaffee und Zucker der Bäuerin, Kleidungsstücke und Putzsachen der Dirnen,
Pfeifen und Tabaksbeutel der Burschen, doch transportieren sie auch Briefe
und Pakete, Werkzeuge und Rohmaterialien für Handwerker, ja selbst
Arzneimittel gelangen aus diesem nicht allzuraschen Wege zum Patienten
im Gebirge.
Der Alpenführer, den wir bei den Touristen vor dem Gasthause
stehen sehen, ist ganz ähnlich gekleidet wie die Jäger (Vergl. S. 88);
über die linke Schulter trügt er aber noch ein Seil, daß er bei schwierigen
Partien, besonders bei dem Marsche über Gletscher und Schneefelder,
sich und seinen Reisegefährten fest um den Leib bindet (zwischen je zwei
Personen etwa 3 m Abstand!), auf dem Rucksacke hängen ihm die für
Gletscherwanderungen nötigen Steigeisen, und seine Rechte führt den
geradezu unentbehrlichen Eispickel. — Unentbehrlich sind Führer für
Hochgebirgstouren, insbesondere für alle Gletscherübergünge. Nur der
Neuling mißachtet die Gefahren, die auch bei anscheinend unschwierigeu
Touren durch einen Unfall irgendwelcher Art, durch plötzlichen Umschlag
des Wetters, einbrechenden Nebel u. a. entstehen können. —
Was weiter die Tracht der Tiroler anbelangt, so teilt sie mit
der der Alpenbewohner überhaupt das gleiche Schicksal: sie ist im ent-
schiedenen Absterben begriffen. Die Zeiten sind vorüber, in denen man
die ganze Bekleidung einschließlich der Beschuhung aus selbsterzeugten
oder selbstgewonnenem Stosse durch Handwerker im eigenen Hause
verfertigen ließ. Dies ist nur noch in ganz abgelegenen Dörfern der
Fall. Jetzt, seit der erleichterte Verkehr die Thäler den Warenlagern
der größeren Orte nühergerückt hat, kauft sich der Bauer nur zu häufig
seinen Kleiderstoff lieber dort, der weibliche Teil der Bevölkerung aber
verschafft sich wohlseile aber schlechte Stoffe von den zahlreichen Hausierern,
die alle Dörfer und Einöden abstreifen, oder läßt sie sich durch die
Bötinnen versorgen. Der alles ausgleichende Einfluß unserer Zeit macht
sich somit auch in den Tiroler Alpenthälern geltend, und daher kommt
es, daß man jetzt nur noch bei einigen Thälern von einer besonderen
Tracht sprechen kann, nämlich einer solchen, die jahraus jahrein getragen
wird. Sonst findet man dieselbe nur noch als Feiertagskleid oder bei