1903 -
Leipzig
: Wachsmuth
- Autor: Weigeldt, Paul
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
— 60 —
betreten wir ein für uns Deutsche ganz besonders wichtiges Ge-
biet, insofern hier unter Dörpfelds, des Leiters des kaiserlich deutschen
archäologischen Instituts in Athen, Leitung seit etwa zehn Jahren
Ausgrabungen veranstaltet werden, wozu die Mittel aus den Händen
hochherziger Landsleute fließen. Nach diesen Ausgrabungen ist er-
wiesen, daß sich hier, in dichter Nähe der Akropolis vor ihrem
westlichen Zugange, das älteste Athen ausgedehnt hat, daß hier
der Stadtbrunnen (die Enneakrunos) lag, den man bisher in ziem-
licher Entfernung südöstlich von der Burg wähnte, und daß hier
auch die ältesten Heiligtümer zu suchen sind.
Nun biegt unser Weg nach Osten um und führt am Südfuße
der Akropolis hin. Hier gibt es noch mancherlei zu sehen, so das
für musikalische Zwecke bestimmte Odeion, das der unermeßlich
reiche Herodes Attikus im zweiten Jahrhundert nach Christo er-
bauen ließ, die Reste der 1(3 m tiefen und nicht weniger als 163 m
langen Säulenhalle des pergamenischen Königs Eumenes, das be-
rühmte, dem Heilgotte geweihte Asklepieion und die gewaltigen
Reste des in der Hauptsache im vierten Jahrhundert vor Christo
vollendete Dionysostheater, dessen Zuschauerraum etwa 15000
Menschen bequeme Gelegenheit zum Sitzen bot. Zum Teil haben
erst neuere Ausgrabungen die Grundrisse und Mauerreste dieser
kolossalen Bauten freigelegt. Die halbkreisförmigen Sitzreihen des
großen Theaters, die in den steilen Abhang des Burghügels ein-
gebaut wurden, sind teilweise noch recht gut erhalten. Doch wir
eilen an allen diesen Sehenswürdigkeiten schnell vorüber, um bald
zu den letzten Ruinen im Süden der Stadt zu gelangen, einem ge-
waltigen Tore und 15 nicht minder gewaltigen Säulen. Das Tor ist
der 18 m hohe Hadriansbogeii mit einer sogenannten Attika mit
drei fensterälmlichen Öffnungen, die ehemals mit dünnen Marmor-
platten ausgefüllt waren, und einem Giebel. Die fünfzehn riesen-
haften, 17,25 m hohen korinthischen Säulen, die hinter diesem Tore
einsam und teils zerbrochen auf dem weiten Plane stehen, gehörten
einst zu dem Olympieion, dem Tempel des olympischen Zeus, dessen
umfassenden Bezirk noch heute vorhandene Mauerreste erkennen
lassen.
Nachdem wir so die antiken Reste von Athen kennen gelernt
haben, treten wir ein in die moderne Stadt, die sich nördlich
und östlich von der Akropolis auf einem vordem jungfräulichen
Boden ausgebreitet hat. Mannigfache Wandlungen hat die Stadt