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1905 -
Leipzig
: Wunderlich
- Autor: Jochen, Max
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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(5. Schuljahr.)
8. Wildenfels.
An der alten Sorbenstraße, die unsere Kreisstadt mit Böhmen ver-
band, fast in der Mitte zwischen Zwickau und Schneeberg, liegt das
Städtchen Wildenfels. Es wurde, wie der Name andeutet, auf einem
Felsen erbaut. Dieser Felskegel erhebt sich aus einem kesselförmigen
Tale, das ringsum von Höhenzügen umgeben ist.
Der Ort hat ein ehrwürdiges Alter- schon 1233 werden in einem
Stiftungsbriefe des Klosters Geringswalde zwei Wildenfelser Einwohner
als Zeugen genannt. Refl^ einer alten Stadtmauer in der Nähe des
Pfarrhauses bezeugen ebenfalls das Alter des Städtchens und würden,
wenn tote Steine reden könnten, von schlimmen Tagen des Krieges und
der Not erzählen. Und wahrlich, Wildenfels hat eine bewegte Ver-
gangenheit hinter sich! Nicht weniger als dreimal wurde es durch Brand-
unglück hart heimgesucht. Auch im dreißigjährigen Kriege blieb es nicht
verschont. „Des Obristen Leutnants Stritzys Dragoner neben etlichen
kaiserlichen Truppen taten großen Schaden." Zweimal wütete auch die
Pest und entvölkerte fast den Ort. Trotzdem erholte sich die Stadt von
solchen Schlägen. Der Fleiß ihrer Bewohner verwischte bald die Spuren
der Verwüstungen. Terrassenförmige Anlagen nach dem südlichen Tale,
die noch heute erkennbar sind, wurden mit Wein bepflanzt, und auf den
Fluren zog der Landmann wieder fröhlich seine Furchen.
Später bestand der weitaus größere Teil der Bewohner aus Strumpf-
wirkern und Handwerkern. Die Wirkerei ist jetzt ganz verschwunden,
und auch das Handwerk nährt nur noch wenige Leute. Zwei im Orte
eingeführte Erwerbszweige, die Schiffchenstickerei und die Herstellung von
Segeltuch, sowie in der Nähe liegende Fabriken geben den Bewohnern
Arbeit und Verdienst. Manche Leute gehen auch in die Bergwerke und
Kalkbrüche der Umgebung. In früherer Zeit wurde in letzteren sogar
schöner, schwarzer Marmor gefunden, der bei Ausschmückung der katho-
lischen Hofkirche in Dresden und auch in der Kirche des Ortes Ver-
wendung fand.
Im oberen Teile der Stadt erblickt man das Schloß, dem das
Städtchen seine Gründling verdankt. Es war in alter Zeit eine stark
befestigte Burg. Sie soll schon zur Zeit der Völkerwanderung von einem
vornehmen Römer erbaut worden sein. Doch das ist nur eine Ver-
mutung. Sicherlich aber hat die Burg ein hohes Alter und wird einer
der ersten deutschen Rittersitze in hiesiger Gegend gewesen sein. Die
Bewohner des Schlosses vor dem Jahre 1100 sind nicht zu er-
mitteln. Die nachweisbar ältesten Besitzer waren die Herren von
Mynime. Sie entstammten vielleicht einem sorbischen Adelsgeschlechte
oder waren Deutsche, die den Namen der Stammburg angenommen
hatten. Im Jahre 1222 werden die Herren von Wildenfels zuerst