1913 -
Leipzig
: Wunderlich
- Autor: Brinkmann, Matthias
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
3
2. Die Forderung der Zeit: „Erziehung zur Arbeit", verlangt
von den Schülern erdkundliches Arbeiten als Beobachtung und
Versuch.
Die Zeiten des vorwiegend körperlichen Schaffens früherer Zeiten
wurden in unseren Tagen immer mehr abgelöst durch das geregelte Wirken
der vom Menschengeist gelenkten Naturkräfte. Dadurch bestimmte das
menschliche Denken das körperliche Arbeiten immer mehr, zeigte
ihm Ziele und Wege und herrschte schließlich als oberste Dominante.
Vor mir liegen zwei Darstellungen eines Eisenwalzwerkes aus Fürst:
„Die Wunder um uns." Auf dem Gemälde von Menzel, das uns in ein
Eisenwalzwerk vor 40 Jahren führt, bemüht sich ein Gewimmel von
Menschen am glühenden Metall, auf dem Bilde des modernen Walz-
werkes sieht man nur drei Menschen.
Dampfkraft und Elektrizität, durch den Erfindergeist in zweckdienliche
Formen gedrängt, lösen die harte Arbeit menschlicher Muskeln ab, der
Geist zwingt die Materie. Die Schule darf sich als Zeitinstitution den
Kulturverhältnissen der Zeit nicht verschließen. Daher erklärt sich die
immer intensiver gepflegte Geisteskultur in unseren Bildungsanstalten,
worunter der Körper nur zu leicht leiden kann.
Eine neue pädagogische Reformbewegung sucht auch dem Körper
sein Recht zu geben zur Stählung des Körpers, zur Förderung handlicher
Gewandtheit und zur Gesunderhaltung des Geistes. Die „Arbeitsschule"
erstrebt die Geistesentwicklung auch durch körperliche Betäti-
gung; das Selbsterarbeiten des Wissens und Könnens durch
die Schüler wird mit Recht mehr in den Vordergrund gerückt. Auch aus
sozialen Gründen wird man die stärkere Betonung des Arbeitens mit
der Hand nur gutheißen können. In breiten Schichten des Volkes besteht
vielfach eine Abneigung gegen die Berufe, in denen die Arbeit der schwieligen
Faust den Lebensunterhalt erwerben soll. Die jungen Menschen aber, die
den ungelernten Berufen zueilen, geraten in die allergrößte Gefahr, dem
Laster in die Anne zu fallen, solche Berufe bilden daher nicht selten die
Herde der schwersten Verbrechen. Größere Achtung der Handwerke tut
unserer Zeit not. Wer selbst, wenn auch nur kurze Zeit, manuell gearbeitet
hat, dem wird es an der rechten Schätzung der Handarbeit nicht mangeln.
Geistbildung, Kraftentfaltung wird freilich auch fernerhin
das Hauptziel der Schularbeit sein müssen. Wo die „Arbeitsschule"
der Geisteskultur Abbruch tut, sind ihre Bestrebungen zu verurteilen.
Wenn jedoch das Arbeitsprinzip durch Berücksichtigung des motorischen
Sinnes eine vielseitigere und leichtere Geistesentfaltung fördert, werden
wir es mehr in unseren methodischen Maßnahmen berücksichtigen müssen.
Unter diesem Gesichtspunkte allein kann das Arbeitsprinzip auch auf
den erdkundlichen Unterricht angewendet werden. Spielereien und
nutzloses, bloß unterhaltendes Formen und Basteln kann sich als recht
zeitraubende Schülerbeschäftigung den Zielen des Unterrichtes hemmend
1*