1913 -
Leipzig
: Wunderlich
- Autor: Brinkmann, Matthias
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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schildert der Lehrer in zündenden Worten das von ihm geschaute Seebild
in solcher wahren Lebhaftigkeit, daß seine kleinen Zuhörer zu sehen glauben.
Wo keine Beobachtungsgelegenheit der Seeherrlichkeit gegeben ist, wird
die warme Erzählung eine geistige Beobachtung einleiten.
Schon die Stimme des Meeres ist ein geographisches Erlebnis
seltener Art.
Bezaubernd auch ist der Anblick des Meeres. Hohe, dunkle
Wogenkämme, an denen sich die Bläue des Himmels und das Glitzern
der Sonne widerspiegelt, eilen in aufgebrachter Eile zum Strande und
überstürzen sich hier am härteren Untergrunde, weißen Gischt empor-
sprühend. Schön ist das Bild des Meeres nicht minder, wenn sich das
schmale Silberband des Mondlichtes als langer Streifen auf die wallende
See legt oder bei drückender Hitze die Wogenkämme während der Nacht
hell aufleuchten und das gepeitschte Wasser sprühende Funken umherstreut
— Meerleuchten. Von den Schätzen des Meeres reden die pflanzlichen und
tierischen Seebewohner, die von der zurückgehenden Flut auf das Watt
oder auf die Buhnen des Flachstrandes geworfen wurden. Blasentange,
Seegras, Seesterne, Seeigel, Krabben, Quallen, Schollen, Miesmuschel
und Schneckenschalen bleiben in Fülle zurück und vervollständigen das Bild
des Meeres.
Überall dort, wo der Schüler eine interessante geographische Einheit
nicht schauen kann, versucht der Lehrer, aus seiner Erfahrung durch eine
lebensvolle Schilderung, aus der das rege Interesse hervorleuchtet,
ein geistiges Sehen zu vermitteln. Das Leben auf dem Bruche, auf dem
Bauernhofe, am Landsee, im Moore erstehe in klarer Deutlichkeit und
Wahrheit vor dem Auge des Schülers.
Hat der Lehrer keine Beobachtungsgelegenheit gehabt oder ist ihm
die Gabe frischer Darstellung von der Natur vorenthalten worden, greife er
lieber zu guten Erzählern. Meister guter Landschaftsschilderung lasse
man öfters zu den Schülern sprechen. Solche Quellen der Erdkunde
reden mit dem ganzen Reiz der Ursprünglichkeit auf den Schüler ein und
lassen das nachfühlen, was große Forscher und feine Landschaftsbeobachter
empfunden haben. Alexander von Humboldt, Grube, Fridtjof Nansen,
Drygalski, Alb. Penck, Carl Cuhn, Sven von Hedin, Stanley u. a. bieten
kristallklare Quellen, aus denen auch der Volksschüler schöpfen sollte. An
Schulen mit gehobenem Bildungsziel kann ein Quellenbuch*) mit
Musterdarstellungen aus der besten Literatur mit viel Nutzen ver-
wendet werden. Als Klassenlektüre eignen sich nicht minder zur inhaltlichen
Vertiefung Einzelquellen, z. B. aus den „Grünen Bändchen" (Schaffstein,
Köln, ä 20 Pfg.) oder aus den „Quellen" (Jugendblätter, München,
a 25 Pfg.); freilich darf die Behandlung solcher Quellen nicht zuviel Zeit
in Anspruch nehmen. Selbständig sollen die Zöglinge lernen, dem Autor
durch das Innere Afrikas, über das Weltmeer, durch Asiens Steppen und
*) Ein solches ist erschienen von Paul Weigeldt im Verlag von Ernst
Wunderlich, Leipzig. Preis M. 2, gebunden M. 2,50.