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1. Landschafts-, Völker- und Städtebilder - S. 45

1892 - Halle a.d.S. : Schroedel
45 sie ihn ganz, so daß er alles Laubwerk verliert und seine abgestorbenen Riesenarme gleich ungeheueren Korallenzweigen starr in das frische Grün des Waldes hineinstreckt. Aber den höchsten Reiz verleihen dem Urwalde die leichten, zierlichen Palmen. Ihre dünnen, geschmeidigen Stämme sind nicht selten beinahe mit der Hand zu umspannen und doch reichen sie bis zur halben Höhe der hohen Laubholzstämnie und haben daher oft eine Höhe von 20 m. Einem Busche herabhängender Federn nicht unähnlich, wölbt sich hoch oben die aus den äußerst zart gefiederten Wedeln gebildete ganze kleine Krone, überragt von einer scharfen, hellgrünen Spitze, die dieser reizenden Palme oft das Ansehen einer Lanze oder eines schwankenden Rohrs giebt. Die Palmen scheinen die Geselligkeit zu lieben, denn wo sie einmal vorkommen, reitet man oft stundenlang unter ihnen, während man an anderen Orten nichts Palmen- artiges sieht. Ihr Anblick ist überaus malerisch, jedes Lüftchen schaukelt sie, und sanft schütteln sie das liebliche Haupt, voll Huld und Anmut herabzugrüßen. Doch wir vergessen über den schlanken Palmen beinahe die baum- artigen Farnkräuter, die an Schönheit und Mannigfaltigkeit mit jenen lieblichen Kindern allein wetteifern können. Sie ähneln gar sehr den Palmen, nur ist ihr lichtes, biegsames Blätterdach flacher und weniger buschig als das der Palmenkrone. Gar lieblich ist es, wenn diese be- deutenden, 3 bis 5 m langen und mehr als 2,50 m breiten Farnkräuter, von dem leisesten Lüftchen angehaucht, bei ihrer Leichtigkeit sich anmutig wiegen und diese sanften Schwingungen ins Unendliche fortsetzen. Besonders charakteristisch für den Urwald Venezuelas ist der Kuh- baum. Dieser schöne Baum hat die Beschaffenheit des Sternapfelbaums; die länglichten, zugespitzten, lederartigen, abwechselnden Blätter haben unten vorspringende, parallele Seitenrippen und werden 25 cm lang. Die Frucht hat wenig Fleisch und enthält eine Nuß, bisweilen zwei Nüsse. Mackt man Einschnitte in den Stamm des Kuhbaums, so fließt sehr reichlich eine klebrige, ziemlich dicke Milch aus, die durchaus nichts Scharfes hat und sehr angenehm wie Balsam riecht. Nur die Klebrigkeit macht diese vege- tabilische Milch etwas unangenehm. Bei Sonnenaufgang strömt die vegetabilische Quelle am reichlichsten; dann kommen von allen Seiten die Eingeborenen, denen diese Milch ein gesundes Nahrungsmittel ist, mit großen Näpfen herbei und fangen dieselbe auf, die sofort an der Ober- fläche gelb und dick wird. Die einen trinken die Näpfe unter dem Baume selbst aus, andere bringen sie ihren Kinden. Es ist, als sähe man Hirten, die die Milch ihrer Herden unter die Ihrigen verteilen. (A. v. Humboldt.) Brasilien ist die Heimat des Kautschukbaumes (Federharz- baum), der wegen seines eigentümlichen Milchsaftes, der an der Luft er- härtet, gesucht ist. Um diesen zu gewinnen, macht man in die Rinde lange und bis auf das Holz gehende tiefe Einschnitte, die man durch eingeschobene Keile offen hält. Der in reicher Menge ausfließende Milchsaft wird in untergestellten Gefäßen aufgefangen. Wenn man nun Wasser hinzugießt, so sammelt sich das Kautschuk auf der Oberfläche desselben und kann leicht abgeschöpft werden. Eine Beimengung von Alaun bringt die Masse zum Gerinnen. Das Kautschuk wird nun ausgepreßt, getrocknet und in großen, viereckigen Tafeln in den Handel gebracht.
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