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1. Nationale Erdkunde - S. 80

1911 - Straßburg i.E. : Bull
80 Ii. Europa. durch den Bevölkerungszuwachs für jeden einzelnen immer geringer geworden. Oft liegen die einzelnen Besitzteile eines Bauern 10—20 Km von seinem Dorfe weg. Die Äcker sind sehr schmal, meist nur d>ll2 Fuß (1 Fuß — 0,3048 m) breit, dabei so lang, daß der Bauer einen halben Tag braucht, um mit seinem elenden, mit schlechtem Zugvieh bespannten Pflug hin, und einen andern halben, um wieder her zu ackern. Meist pachtet der Bauer Land zu fast unerschwinglichen Pacht- preisen dazu. In schlechten Iahren muß er den größten Teil seiner Ernte verkaufen, um den Pachtzins be- zahlen und sich sonst das Nötige kaufen zu können. Im nächsten Jahre, wenn die Zinsen für geliehene Kapitalien bezahlt werden sollen, ist die Last nur größer, der Verkauf von Getreide muß noch umfangreicher werden. Dazu zwingt die Regierung den Bauern geradezu, sein Korn zu verkaufen; denn sie will eine starke Getreideausfuhr. Sie weiß, welche gewaltigen Summen an Zinsen Rußland alljährlich ans Ausland zahlt, es muß ausgeführt werden, damit die Geld- abwanderung nach dem Auslande wettgemacht werden kann, damit man dem Auslande vortäuschen kann, Rußland erfreue sich einer glücklichen Blüte seiner Wirtschaft. (Vergl. wie Deutschland, Eng- land, Italien, Schweiz ihren Geldabfluß ins Ausland ausgleichen.) Weil also die russische Regierung die Getreideausfuhr will, schickt sie den Steuererheber unmittelbar nach der Ernte, wenn das Getreide billig ist. Dann wird der Bauer viel verkaufen, um die nötigen Summen aufzubringen. Oft genug muß er dann im Frühjahr Brot- und Saatkorn zu höheren Preisen wieder kaufen. Während sein Getreide in die Fremde wandert, hungert er daheim. Neben dem Pachtzins hat er noch gewaltige Abgaben zu zahlen für seine vor Iahren erfolgte Befreiung vom Joch der Leib- eigenschaft. Weil sein Land nicht Eigentum ist, bebaut er es auch schlecht; gedüngt wird in manchen Gegenden gar nicht. Dem Abgesandten der Regierung erklärten die Schwarzerdbauern: Getreide von ge- düngtem Acker ist gut für die Schweine und die Ausländer, aber nicht für rechtgläubige russische Bauern. Im Frühjahr wird der Dünger verbrannt und dadurch meilenweit die Luft verpestet. Es fehlt an Geld und Wissen für eine gute Bewirtschaftung. Die
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