1911 -
Straßburg i.E.
: Bull
- Autor: Hauptmann, Emil
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Inselflur des Ägäisch en Meeres vorlagernd, bildet Kreta für
die Türkei den wichtigsten Vorposten zur Verteidigung der Zugänge
zu ihren Ääfen. Wenn sie sich selbst erhalten will, kann sie also
die Insel nicht aufgeben, um so weniger, als diese in der Äand jeder
andern Macht zur Sperre für die türkischen Schiffe wird. Aber
auch um ihres Ansehens willen darf die „neue" Türkei die Insel
nicht abtreten. Sie würde dadurch alle anderen Gelüste nach Auf-
teilung des türkischen Reiches stärken und wachsen lassen. Die Be-
völkerung von Kreta freilich verlangt Vereinigung mit Griechenland.
Und so glimmt auch in dieser Insel versteckt das Feuer,
das den allgemein gefürchteten Weltkrieg eines Tages
entflammen könnte.
Neben den beiden Äauptbewerbern um die Leitung auf der
Balkanhalbinsel spielt Serbien eine bescheidene Rolle.
Serbien.
Zwar füllte es im Jahre 1908, als Österreich sich die von serbi-
scher Bevölkerung bewohnten Landschaften Bosniens und der
Herzegowina endgiltig mit seinen Staaten-Verband, die Welt mit
Kriegslärm, und es schien, als sollte von Serbien aus die Lösung
der „Balkanfrage" erfolgen. Weil aber das erschöpfte Rußland
vom Versprechen der Äilfe und Unterstützung nicht zur Tat über-
zugehen wagte, zog das Unwetter noch einmal vorüber.
Tatsächlich darf Serbien nur froh sein, wenn es in günstigen
Beziehungen zu Österreich-Ungarn steht; denn es ist wirtschaftlich
ganz und gar von Österreich abhängig.
Sein wichtigster Teil, das Tal der Morawa, sieht sich als
natürliche Fortsetzung der Ungarischen Tiefebene an. Seine Waren-
ausfuhr strebt zum allergrößten Teile Belgrad und damit den
österreichischen Staaten zu. Es sind hauptsächlich Ackerbau- und
Viehzuchterzeugnisse; denn 90 °/0 der 2,6 Millionen starken Be-
völkerung sind als Bauern anzusehen, die mit Äilfe schlechter Geräte
und Pflüge den fruchtbaren Boden so schlecht bearbeiten, daß das
Land für die Ausfuhr viel weniger liefert, als es vermöchte.
Neben Mais, der Äauptnährfrucht, werden besonders Weizen,
wenig Flachs und Äanf gebaut. Der Weinbau beginnt neuer-
dings sich zu heben. Obst- und Gemüsebau sind fast unbekannt;
nur ungeheure Bestände halbwilder Pflaumenbäume liefern Früchte,