1911 -
Straßburg i.E.
: Bull
- Autor: Hauptmann, Emil
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
12. Rusfisch-Afien.
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mehr an die Fremden verschuldet. (Vergl. Rußland.) Die russische
Industrie bedarf aber, wie die jedes Staates, der Absatzmärkte, und
da die armen russischen Bauern nicht viel kausen können, muß ins
Ausland verkaust werden.
Da beginnt nun die Schwierigkeit. Die russischen Fabrikwaren
können keinen Vergleich mit englischen, deutschen und französischen
usw. aushalten. Auf fremden Märkten kommen sie daher gegen
die genannten nicht auf. Sibirien aber gehört Rußland selbst. Äier
kann es, bei Russen und Eingeborenen, seine Waren schon eher
absetzen. Die große sibirische Bahn, die ursprünglich nur zur
Truppenbeförderung gebaut wurde, trägt russische Waren durch ganz
Sibirien. Nur Ostsibirien, das allzuweit von der russischen Grenze
abliegt, erhält seine Waren über See, von Wladiwostok aus.
Äier sind die eingeführten Waren auch nicht russische sondern japa-
nische, amerikanische, englische, deutsche. Die Russen klagen oft genug,
daß jeder Spaten und jeder Nagel aus Hamburg nach
Wladiwostok komme.
Rußland braucht Sibirien zur Zeit auch deswegen, weil es ihm
helfen muß, seine Zahlungen ans Ausland zu decken. Bekanntlich
hat das russische Reich ungeheuere Summen im Auslande geliehen,
deren Zinsen heute schon die Riesensumme von über 800 Millionen
Mark pro Jahr ausmachen. Rußlands Gold fließt also ins
Ausland. Soll das Land nicht verarmen, oder seine Zahlungen
einstellen, so muß neues Gold im Lande selber erzeugt werden.
Sibirien ist nun ein Hauptlieferant russischen Goldes. Nicht nur
liegen die Goldbezirke des Äral aus sibirischem Boden, es sinden
sich auch große Goldlager bei Olekminsk an der oberen Lena,
bei Minussinsk am oberen Ienissei und im Altai-Gebirge.
Trotzdem wird die sibirische Goldausbeute kaum ausreichen, Ruß-
land sür alle Zeiten vor der Erklärung seiner Zahlungsunfähig-
keit zu bewahren; die Schulden sind zu groß. Rußland aber wird
seinen sibirischen Besitz weder vorher noch nachher jemals entbehren
wollen.
Noch größer vielleicht ist Sibiriens Bedeutung für die Zukunft
Rußlands. Das russische Reich wird dadurch zu einer Hauptmacht
auf dem asiatischen Festlande. Wie Englands Herrschast sich in
breiter Fläche über den Süden Asiens ausdehnt, so reckt Rußland,
das Hundertmillionenreich, seine gewaltigen Arme über den ganzen
Norden- hin. And gilt dieser Norden auch für kalt und unwirtlich,
kann er sich auch nicht mit dem fruchtbaren Süden messen: in