1882 -
Hannover
: Carl Meyer (Gustav Prior)
- Autor: Meyer, Johannes
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Hannover
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Hannover
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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zum Söder, einer Standesherrschaft des Grafen Stolberg, gehörenden
Wald- und Flnrpartieen. Überall erkennt man die sorgsamste Pflege,
und glaubt man in eiuem unendlichen Park dahin Zu wandeln. Das
freundliche Schloß umschloß früher eine reichhaltige und wertvolle Ge-
mäldegallerie. Im Park wechseln smaragdgrüne und kristallhelle Flächen
anmutig ab. Eine kurze bergan laufende, reizende Waldstrecke trennt
das Schloß von den Ruinen des Wohldenbergs, welche den frncht-
baren Ammergau beherrschen. Das Schloß ist alt, und seine Besitzer
waren Eigentümer großer, weit über die Nachbarstädte Hildesheim
und Bockenem sich erstreckender Läudereieu, die jedoch bald deiu
gemeinsamen Lose der Rittergüter anheimfielen, daß sie bei der sich
hebenden Macht der Städte diesem oder jenem mächtigen Herrn zu
Pfand gegeben wurden. Der Wohldenberg kam frühzeitig an den
Bischof von Hildesheim und gelangte erst durch die Einziehung der
geistlichen Stifter an Hannover.
Der Berg, auf welchem die Burg Wohldenberg erbauet ist,
bildet mit seiner Fortsetzung die östliche Begrenzung des lieblichen
Nettethals. Der Wohldenberg selbst bildet gegen Westen und Süden
eine steile Höhe, welche sich allmälig gegen Osten abdacht, und eine
reizende Aussicht aus Hildesheim und Bockenem gewährt. Am west-
lichen Ende des Bergs, am Rande einer sehr jähen Abdachung, erhebt
sich die noch vorhandene Befriedigungsmauer der Burg iu uicht sehr
bedeutendem Umfange. Diese Mauer, obgleich sie au manchen Stellen
schon niedergerissen ist, zeigt deutlich, daß die Burg keine regel-
mäßige Gestalt gehabt habe. Von den Gebäuden, welche früher auf
dem Burghofe gestanden haben, ist keine Spnr mehr vorhanden.
Von dem eigentlichen Burgschlosse mit der Kapelle und den Neben-
gebäuden, die ziemlich in der Mitte des Burgplatzes standen, finden
sich nnr noch einige Reste in Bruchstücken von Seitenwänden und
dem 27—30 m dickeu Wartturme, der die nordöstliche Giebelecke der
Schloßkirche bildete. Der größte Teil des Burgplatzes dieut jetzt
zur Weide oder ist zu schöueu Garteuaulageu verwendet. Das neu
eingezogene Leben und die grauen Reste der Vorzeit bilden einen
ergreifenden Gegensatz, und wenn man dann den Blick über den
hellschimmernden Söder hin nach dem verödeten, sonst so mächtigen
und gläuzeudeu Fürstensitze Hildesheim schweifen läßt, dessen goldene
Domknppel noch immer majestätisch in die Ferne winkt, oder aus
das ländliche, oft vom Feuer gauz verwüstete Bockenem, so kann
einen wohl eine melancholisch poetische Stimmung auwaudelu.
Nicht weit von dem Wohldenberge liegt auf dem reizenden
Hainberge ein einsames Jägerhaus, aus dessen Fenstern man eine
vorzügliche Aussicht in das flache, mit Wald und fruchtbaren Äckern
bedeckte Land hat. Ganz in der Nähe dieses Jägerhauses befindet
sich eine geräumige, iu den Sandfelsen künstlich eingehauene, halb-
runde Grotte, deren Hinterwand durch die vou geschickter Künstler-