1882 -
Hannover
: Carl Meyer (Gustav Prior)
- Autor: Meyer, Johannes
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Hannover
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Hannover
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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das that er jetzt; er gründete neue Bistümer (jenseit der Elbe), er setzte Bischöfe
ein nach eigenem Ermessen. Da wurden die mächtigen geistlichen Herren rings-
umher ihm gar feind; in den Herzen der weltlichen Nachbarherrscher aber lag
der Neid auf der Lauer. Damit sie eingedenk wären des Welfenmutes, ließ
Heinrich, der in seinem Welfenwappen einen springenden Löwen führte, jetzt
anch einen großen Löwen, aus Erz gegossen, vor seiner Burg zu Braunschweig
ausstellen, und als sie das nicht verstanden, als sie — der Bär und viele andere
— in mächtigem Bündnis heranzogen, da schlug er seine Tatzen ein, daß sie
auseinander stoben wie eine verschüchterte Herde.j — Ruhig, als ob sein Land
keinen Feind zu fürchten habe, machte er int Jahre 1172 eine Betfahrt nach
Jerusalem. An den Grenzen der Länder, die er zu durchziehen hatte, empfingen
fürstliche Gesandte den Weitgepriesenen und ebrten ihn mit reichen Geschenken.
Auch der türkische Sultan feierte ihn hoch. Sein Ruhm leuchtete durch alle
Lande.
Selbst Kaiser Friedrich schien den mächtigen Leuen mit besorgtem Blick
zu betrachten, und als er Heinrichs schwelgerischem Oheim, Welf Vi., die Be-
sitzungen abkaufte, die nach dessen Tode von rechtswegen als Erbe dem Heinrich
hätten zufallen müssen, da wandte dieser sich kalt von seinem Waffenbruder ab.
Italien hatte die Bande der Freundschaft geschlungen, Italien zerriß sie wieder-
Der Kaiser wollte die aufrührerischen Städte der Lombardei züchtigen. Sie
standen wider ihn mit großer Macht. Er konnte Heinrich nicht entbehren. Hein-
rich wollte wohl Unterstützung an Geld und Volk gewähren, aber selber mit-
ziehen, das wollte er nicht. „Es hat Dich Gott im Himmel," so redete der
Kaiser, „über andere Fürsten erhoben, daß alle Macht des Reiches aus Dir
allein beruht; so ist es billig, daß Du jetzt des Reiches Ehre rettest." Heinrich
forderte die kaiserliche Reichsstadt Goslar mit ihren Bergwerken zum Lohn. Die
konnte der Kaiser nicht geben. Aber er sah im Geiste sein kleines Heer von den
Lombarden vernichtet, sah Deutschland mit Schmach beladen; er bat, er slehete,
er — warf sich seinem Vasallen zu Füßen. Die Umstehenden erblaßten; der
tief erschütterte Heinrich beugte sich zum knieenden Kaiser hinab. „Laß immer-
hin die Krone da liegen," sprach seiner Begleiter einer, „einst wird sie Dein
Haupt schmücken." Die Kaiserin Beatrix erhob sich mit Würde, richtete den
Gemahl auf und sprach: „Stehe auf, Herr, und gedenke dieser Stunde, wie Gott
ihrer gedenken wird." — Heinrich zog trotzig von dannen. Als Friedrich nun
die Schlacht verloren hatte, da ersahen's Heinrichs Feinde als ihre rechte Zeit. Sie
bestürmten den Kaiser mit vielsältigenklagen, und der lud Heinrich vor seinen Richt-
stuhl auf mehrere Reichstage. Heinrich erschien nicht; da wurde er zur Strafe
seiner Herzogtümer und anderer Lehen verlustig erklärt. Sachsen erhielt Graf
Bernhard von Anhalt, Albrechts des Bären Sohn; Baiern bekam Pfalzgraf
Otto von Wittelsbach, Stammvater des jetzt noch regierenden baierischen Hauses.
Aber der alte Löwe sah nicht so ruhig der Teilung seiner Länder zu. Er griff
zu den Waffen; doch er war der vereinigten Macht des Kaisers und der Für-
sten nicht gewachsen. Geschlagen eilte er nach Erfurt, warf sich dort seinem
Kaiser zu Füßen und slehete um Gnade. Da gedachte Friedrich des Tages, als
er zu Heinrichs Füßen lag, und des Wechsels der menschlichen Schicksale; er
sah die Narbe auf Heinrichs Stirn und gedachte der Tiberbrücke. Gerührt und