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1890 -
Leipzig
: Abel & Müller
- Autor: Köppen, Fedor von
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
— 90 —
Der Reichserzmarschall zieht das Schwert Karls des Großen aus der
Scheide. Der Reichserzkämmerer legt dem Könige den Mantel an
und der Reichsschatzmeister bringt die Krone herbei, welche die drei
geistlichen Kurfürsten dem knieenden Könige auf das Haupt setzen.
Das Hochamt wird fortgesetzt und der Kaiser empfängt nun ohne
Krone das heilige Abendmahl. Dann besteigt er den kaiserlichen Thron
und die Kurfürsten bringen ihm durch den Mnnd des Kurfürsten von
Mainz ihre Glückwünsche dar, worauf dieser an dem Hochaltar das
Tedenm anstimmt, das von Glockengeläute und Kanonendonner begleitet
wird. Auf dem Throne sitzend erteilt der Kaiser darauf an die durch
den Herold aufgerufenen neuen Ritter den Ritterschlag. Nach Veen-
dignng dieser Zeremonie schreitet der Kaiser, die Krone ans dem Haupte
und mit den kaiserlichen Gewändern angethan, zu Fuß unter dem Bal-
dachin nach dem Römer.
Es folgt nun das festliche Krönungsmahl auf dem Römer, wie
es uns Schiller in seiner Ballade „der Graf von Habsburg" beschreibt.
Allerdings ward König Rudolf von Habsburg nicht zu Frankfurt,
sondern nach altem Herkommen noch zu Aachen gekrönt; dies änderte
jedoch nichts in der Verwaltung der Erzämter durch die Kurfürsten:
„Die Speisen trug der Psalzgraf des Rheins,
Es schenkte der Böhme des perlenden Weins,
Und alle die Wähler, die sieben,
Wie der Sterne Chor um die Sonne sich stellt,
Umstanden geschäftig den Herrscher der Welt,
Die Würde des Amtes zu üben."
Wenn es aber in der Fortsetzung des Gedichtes heißt:
„Und rings erfüllte den hohen Balkon
Das Volk in freud'gem Gedränge;
Laut mischte sich in der Posaunen Ton
Das jauchzende Rufen der Menge." — —
so haben wir uns unter dem „hohen Balkon" nicht etwa einen söller-
artigen Vorbau des Römers zu denken, — einen solchen gab es weder
damals, noch giebt es ihn jetzt; wohl aber waren schon seit vielen
Tagen vor der Krönung ringsum auf dem Römerberge hohe balkou-
artige Gerüste (Tribünen) aufgeschlagen, welche die Menge der Zu-
schauer kaum fassen konnten. Das „jauchzende Rufen der Menge"
hatte seinen Ursprung auch nicht allein in der Freude über die er-
folgte Kaiserwahl, sondern auch in den mancherlei Belustigungen, welche
dem Volke auf dem Römerberge während des Krönungsmahles geboten