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1. Charakterbilder aus der Völkerkunde - S. 29

1895 - Leipzig : Hinrichs
Indianer in Nordamerika. 29 jedem Ereignis, das ihn betroffen macht, steckt für ihn ein geheimnisvoller Geist: so im Bären oder Büffel, der seinem Schusse entgeht, im wildrauschenden Strome oder Gewitter, im heranrauschenden Dampfschiffe, im Ticktack der Uhr. Wie alle Völker niederer Bildung glaubt er fest an Träume, an Ahnungen und hat dafür tausend gute oder böse Deutungen. Nicht das geringste Werk unternimmt er, ohne vorher die Manitu durch Opfer, Beschwörungen und allerhand Teufeleien zu sühnen und sich geneigt zu machen. Kein Bursche geht auf seinen ersten Kriegspfad hinaus, ohne durch Nachtwachen, Fasten und Be- schwörungen an einsamen Orten sich seinen Schutzgeist, gleichsam seinen Leibmanitu, einznfangen, den er wie durch plötzliche Ein- gebung auf einmal in einem bunten Sternchen, in einem Aste oder Wurzelfigürchen zu entdecken glaubt. Der heilige Sack (Medicine bag), der bei den religiösen Tänzen der Indianer eine große Rolle spielt, und bei dessen Berührung sie häufig in Zuckungen fallen, enthält nichts als eine Sammlung von allerlei Knöchelchen, Muscheln und Holzsigürchen, an welche die Manitu gefesselt sind. Jeder Mann hat seinen Medizin- Manu, der Arzt, Zauberer und Priester in einer Person ist. Er wird für seine Kuren bezahlt und steht in großer Achtung. Manche Medizin-Männer sind geschickt und kennen viele heil- kräftige Pflanzen, die sie verordnen; wenn sie nicht Helsen, dann spielen sie den letzten Trumpf aus, der ist ,,die Medizin" oder der Zauber. Sie ziehen sich fürchterlich lächerlich an. tanzen vor dem Kranken, schütteln ihre schrecklichen Klappern und singen Zauberlieder, um den bösen Geist der Krankheit zu bannen; dann posaunen sie ihre Kunst aus; stirbt er — nun, so ist es der Wille des großen Geistes. In Romanen und älteren Reisebeschreibungen ist viel von den körperlichen und sittlichen Vorzügen der Indianer die Rede. Heutzutage aber läßt sich nicht viel davon rühmen. Urbilder der Kraft und Schönheit find gewiß zehnmal mehr unter den gebildeten als unter den wilden Völkern zu finden. Die Natur hat die Indianer mit keinen Vorzügen bedacht, die sie vor andern Sterblichen voraus hätten, wohl aber haben Entbehrungen und Mühsale bei ihnen frühzeitig die Wohlgestalt zerstört. Die Feinheit und Schärfe ihrer Sinne ist erstaunlich, und sie leisten Bewundernswertes im Fasten und in der Ausdauer auf Reisen und Jagden. Aber gleichwohl übertrifft sie der Gebildete
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