1895 -
Leipzig
: Hinrichs
- Autor: Buchholz, Paul, Wasserzieher, Ernst
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde
- Inhalt: Zeit: Geographie
82 Alpenbewohner.
Noch ein knabenhafter Zug der Italiener sei erwähnt.
Das alte Sprichwort heißt: Narren und Knabenhände be-
schmieren Tisch und Wände. Kann einer aus dem untern
Volke zufällig seinen Namen schreiben, so kann man auch sicher
sein, daß er ihn anbringt, wo und wie er kann, wenn Zeit und
Ort es gestatten. Und damit hängt auch seine große Liebhaberei
zusammen, bei jeder Gelegenheit eine marmorne Gedenktafel
anzubringen, deren Inschrift ja seinen lieben, hochverehrten
Namen den kommenden Geschlechtern überliefert.
Das sind die Haupt- und Grundzüge des italienischen
Volkscharakters. Aber uni alle Verschiedenheiten, die wieder in
einzelnen Gegenden vorkommen, zu schildern, dazu bedürfte es
einer weit größeren Ausführlichkeit. Der kräftige Piemontefe,
der teilnahmlose Lombarde, der weiche Venetianer, der feine
Florentiner, der gleichmütige Römer, der bewegliche Neapolitaner
— welche Fülle der Abstufung bieten sie dar!
7. Älpenbewohner.
Ein Gebirgsland von solcher Eigentümlichkeit wie die Alpen
äußert einen entscheidenden Einfluß auf das Leben und den
Charakter seiner Bewohner. In der Alpenwelt pflegt nicht
bloß der Waldarbeiter, der Kohlenbrenner, Holzflößer, Jäger
und Hirt Tage, Wochen, ja Monate lang Umgang und vertraute
Bekanntschaft mit den Bergen, auf deren Abhänge, Gipfel und
in deren innerste Winkelschluchteu sie ihr Geschäft führt; auch
der Ackersmann muß ihr Vertrauter werden; denn er hat nicht
wie der Bauer der großen Ebene seine Felder in einem un-
unterbrochenen Ganzen beisammen, das er mit verhältnismäßig
leichter Mühe bebauen könnte; im Alpenlande ist des fruchtbaren
Erdreichs weniger und dies Wenige auf verschiedenen Stufen
der Bodenerhöhung weit verstreut. Hier thut es not, jeden
kleinen Fleck aufzusuchen und zu benutzen: die obersten, in denen
der Ackersmann sein Vieh weidet; die mittleren, in denen er
sein Holz findet; die unteren, wo mancher kleine Streife« Feldes
oder der kleine Weinberg zu bestellen ist, bis in die Thalsohle
hinab, wo oft sein vornehmster Acker liegt. Und kann der Be-
wohner der Flecken und Städte, der Gebildete, der Handels-
mann das Gebirge missen? Der Arzt muß seine Hilfe, der