1890 -
Wolfenbüttel
: Zwißler
- Autor: Voges, Theodor
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Braunschweig
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde, Braunschweig
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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mochten davon nichts wissen. Darauf gingen die beiden Nonnen
nach der benachbarten Stadt Einbeck, wo sie auch aufgenom-
men wurden. Dafür vermachten sie den Einbeckern das Land,
mit der Bedingung, dafs es, wenn es zu einer gewissen Zeit
noch einmal abgeerntet wäre, wieder an das braunschweiger
Land zurückfallen solle. Als nun jene Zeit herankam, säeten
die klugen Einbecker Eichen darauf, und so ist es bei ihrer
Stadt geblieben. Schambach u. Müller, Niedersächsische Sagen.
72. Willegis.
In dem Städtchen Schöningen am Elm lebte ein Wagen-
bauer mit seiner Frau, nicht gerade wohlhabend, doch freien
Standes. Da wurde ihnen zu ihrer Freude ein Sohn geboren,
den sie Willegis nannten, und der sich bald als ein sehr be-
gabter Knabe erwies. Die Eltern setzten große Hoffnungen
auf ihn und erzogen ihn für den geistlichen Stand. Durch
Einsicht und Geschicklichkeit that sich Willegis bald so her-
vor, dais der Kaiser Otto I. ihn an seinen Hof zog und in
die Kanzlei aufnahm. Hier diente er eifrig und treu erst dem
grossen Kaiser und dann auch dessen Sohne. Otto Ii. hielt
die Geistesgaben des Willegis so hoch, dafs er, als das Erz-
bistum Mainz im Jahre 975 erledigt wurde, ihm dasselbe über-
trug und ihn damit zugleich zum alleinigen Erzkanzler
Deutschlands ernannte. Deswegen erfuhr der Kaiser heftigen
Widerspruch. Viele meinten, es gezieme sich nicht, dafs den
ersten deutschen Bischofsstuhl ein Mann von niederer Her-
kunft besteige. Insbesondere waren die Mainzer Domherren
bitter erzürnt, dafs ihnen der Sohn eines Handwerkers zum
Erzbischof gegeben sei. Zu seiner Verhöhnung malten sie
mit Kreide Räder an die Wände und Thüren seines Schlosses
und gedachten ihm damit eine Schmach zu thun. Als der
fromme Bischof ihren Spott vernahm, da hiefs er einen
Maler rufen; dem befahl er, mit guter Farbe in alle seine
Gemächer weifse Räder in rote Felder zu malen. Dazu liefs
er einen Reim setzen, der sagte:
„Willegis, Willegis, — Denk', woher du kommen bist!“
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