Anfrage in Hauptansicht öffnen
1. Bilder aus dem Lande Braunschweig
1890 -
Wolfenbüttel
: Zwißler
Dokumente für Auswahl
Auswahl zurücksetzen
Aktuelle Auswahl:
id : 2632_00000110Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage
1
Seiten
1. Bilder aus dem Lande Braunschweig 
- S. 102
1890 -
Wolfenbüttel
: Zwißler
102
Wer die Tretbretter erfunden hat, weiß man nicht. In
dieser Form hat sich das Spinnrad unter dem Namen Langschwanz
bis aus die Gegenwart erhalten.
Line weitere Verbesserung, wahrscheinlich erst unsres Jahr-
hunderts, sind die hohen Wocken. Das Rad, das bis dahin seit-
wärts schnurrte, wurde nun unter die Spille gelegt und dadurch
das ganze Gestell noch mehr erleichtert. Allmählich verdrängten
diese hohen Wocken die Langschwänze.
Das höchste aber, was im Bau dieser wichtigen Hausgeräte
geleistet wurde, wird durch die zweispilligen Wocken bezeichnet, bei
denen das Rad zwei Spindeln dreht und jede b)and also auch
einen Faden ziehen muß. Sie stehen bei allen rechten Spinnerinnen
in hohem Ansehen.
Früher ist viel mehr gesponnen worden, als es heute geschieht.
Besonders zur Winterzeit kamen aus den Dörfern an den langen
Abenden Frauen und Mädchen in den Spinnstuben zusammen.
Da wurden dann, während die Räder schnurrten, Lieder gesungen,
Rätsel gelöst oder Geschichten erzählt. Aber auch in den Städten
wußten die Frauen einen zarten Faden zu spinnen, und ein sein
gedrechseltes Rad und ein schöner Haspel durste in keiner Aussteuer
fehlen, Heute ist das nun anders geworden. Das Spinnrad ist
als ein Stück Urväterhausrat aus den Boden gewandert, und
statt der Hand treibt nun in den Leinen- und Drellfabriken der
Dampf die Spindeln.
74. Das zersprungene Bild.
Im Kreuzgange der Klosterkirche zu Königslutter befindet sich der
schöne Grabstein eines Abtes. Der Verstorbene ist darauf mit seinem Stabe
und dem Evangelienbuche ausgehauen. Leider ist das vortreffliche Werk
aber in der Mitte durchgebrochen. Man erzählt hiervon diese Sage.
Zur Zeit, als das Luthertum aufgekommen ist, hat im Kloster zu
Königslutter ein Abt gelebt, der hat gesagt, ehe er zugebe, daß hier die
neue Lehre eingeführt werde, möchte er lieber zerbersten. Als er bald
darnach gestorben ist, hat man auf dem Grabstein sein Bild ausgehauen.
Es hat aber nicht lange gewährt, da ist Luthers Lehre dort eingeführt,
und da ist jenes Bild mittendurch gebrochen.
Kuhn und Schwach, Norddeutsche Sagen.