1902 -
Berlin
: Heymann
- Autor: Seidel, August
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Deutsch-Lüdwestafrika
Sonnentemperaturen anpaßt, obgleich die Unterschiede zwischen Tag- und
Nachttemperatur, zwischen Sonne und Schatten, oft enorm sind.
Aber die Abkühlungen während der Nacht machen dem Europäer die
durch die geographische Breite bedingte hohe Temperatur erträglich, des-
gleichen die außerordentlich trockene Luft, die die läsligen Folgen der
Schweißbildung mit ihren Erkältungsgefahren durch alsbaldiges Auf-
saugen jeglicher durch die Haut kommenden Feuchtigkeit abwendet.
Unangenehm empfindet auch der Weiße das konstante Steigen der
Temperatur während der Tagesstunden.
Ein gewaltiger Unterschied ist allerdings zwischen der Temperatur
im Schatten und in der Sonne.
Im September desselben Jahres, also auch in der kalten Zeit, habe
ich in Tsaobis iin Schatten 29 ° C., in der Vollsonne 59 ° C beobachtet.
Im Juni und Juli, den kältesten Monaten, kommt es vor, daß man
in der Sonne von der Hitze stark belästigt wird, während man im
Schatten Frostempsindungen hat.
Durch die enormen Wärmeunterschiede sind auch vielfach die Zer-
klüftungen und Geröllsormationen des Gesteins zu erklären, welches
infolge der starken Hitze oft mit lautem Knacken und Knallen zerplatzt.
Die direkte Einwirkung der Sonnenstrahlen erhitzt die Gesteine derart,
daß man schleunigst die Finger znrückzieht, wenn man unvorsichtigerweise
einen Stein berührt hat.
Desgleichen muß man sich mit dem Gebrauch von eisernen Instru-
menten sehr in acht nehmen, da die Berührung der erhitzten Eisentcile
leicht Brandwunden nach sich zieht. Auch brennt der heiße Boden durch
die Stiefelsohlen hindurch, wenn man lange ans einem Punkt stehen bleibt.
Dahingegen zeigt in diesen Monaten das Thermometer zur Nachtzeit
oft —7 bis —9 ° C. Sogar im Monat Oktober kommen noch Nachtfröste
vor, und es ist zuweilen den Ansiedlern das schon sprossende Korn auf
dem Halme erfroren.
Die wärmsten Monate sind der Dezember und Januar. Trotzdem
hier das Thermometer zuweilen sehr hoch steigt, sind die Unterschiede in
der Temperatur weniger bedeutend und fühlbar, als in der kalten Jahres-
zeit, weil die Nächte weit weniger kalt sind.
Das absolute Maximum im Schatten beträgt in den wärmsten
Monaten bis +38° C. und in der Nacht das absolute Minimum bis
+ 15° 0.; in den kältesten Monaten ca. +28° 6. Maximum, und bis
ca. —9 ° 6. Minimum.
Die Länge der Tage und Nächte ist im allgemeinen unseren Zeit-
verhältnissen entgegengesetzt; im Juni und Juli sind die kürzesten, im
Dezember und Januar die längsten Tage. Der längste Tag in Windhoek
betrug nach meiner Beobachtung 13 Stunden 35 Minuten, der kürzeste
Tag 10 Stunden 39 Minuten.