1900 -
München [u.a.]
: Franz
- Autor: Müller, Johannes
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Der Thüringer Wald. 99
Norden der Jlmenauer Seitenkamm ab, der im K i ck e l h a h n mit 862 m
gipfelt; als Gegenstück hiezn zieht vom Großen Finsterberg nach Süden
die Gruppe des Adlerbergs, die in ihrem höchsten Punkt nahezu
dieselbe Höhe wie der Kickelhahn, nämlich 849 in, erreicht. Vor allem
durch diese Zerteilung des Horstes in scharf ausgeprägte Seitenkämme mit
steilen Gehängen gegen die dazwischen liegenden Thäler und mit prallem
Abfall gegen die Ränder des Gebirges erhält der Thüringer Wald einen
nahezu alpinen Gebirgsban. Der herrliche Mischwald dagegen — in
den unteren Lagen Buchen, in den oberen Regionen Fichten und Tannen,
unterbrochen von wohlgepslegten Matten und Wiesen — und die dichte,
bis in die höchstgelegenen Teile des Gebirges sich fortsetzende Besiedelnng
lassen über den Charakter des Thüringer Waldes als eines Mittelgebirges
keinen Zweifel entstehen.
b) Bewäss erung und Weg netz. (Vergl. die entspr. Figur der
Flnßprosil-Tafel.) Die ungemein wechselvolle Scenerie, welche dem Thüringer
Wald mit Recht den Ruf des schönsten deutschen Mittelgebirges eingetragen
hat, beruht vor allem auf seinem Reichtum an kurzen Querthälern, die
von frischen, rasch dahinranschenden Gewässern durchflössen werden. Die
Länge dieser tief und steil eingesenkten, von idyllischem Waldeszauber um-
slossenen Thalgründe beträgt selten mehr als 12 km; die Folge davon ist,
daß die Gewässer, die auf eine so kurze Strecke Fallhöhen von 340—470 m
durchmessen, ein für ein Mittelgebirge außerordentlich steiles Gefälle auf-
weisen. Das durchschnittliche Gefälle der Ilm und der Schleuse betrügt
auf 1 km 27 m, das der Schönau, Gera und Lichtenau 31—36 m,
das der Apselstedt sogar mehr als 40 m. Bei mehreren ganz kurzen
Bächen, wie dem 6 km langen Effelderbach, dem 5 km langem Grumbach,
dem 4x/2 km langen Farrenbach, steigert sich das durchschnittliche Gefälle
auf 1 km bis zu 62, 71 und 85 m; auch das längste der Thäler des eigent-
lichen Thüringer Waldes, das der Nahe, besitzt noch 28 m durchschnittliches
Gefälle auf l km. Alle diese Querthäler sind im großen und ganzen
Erosionsthäler, bei deren Anlage nur in vereinzelten Fällen Schichten-
störuugen eine Rolle gespielt haben. Anders dagegen verhält es sich
mit den beiden Längsthälern, welche den Südwestfuß bezw. den westlichen
Teil des Nordostfußes des Gebirges begleiten, den Thälern der oberen
Werra und der Hörsel. Die Thalfurchen dieser beiden Flüsse fallen mit
tektonischen Linien und zwar mit den großen Dislokationen zusammen,
welche während der Tertiärzeit den Horst des Gebirges quer zu den
nordöstlich streichenden Falten des alten Hochgebirges abgeschnitten haben.
In den eben genannten beiden Dislokationsspalten verlaufen die
zwei Hauptverkehrsadern, nämlich 1. Eisenach—meiningen—kobnrg und
2. Eisenach—gotha—saalfeld, die den Thüringer Wald im Norden
und im Süden umsäumen, und von welchen aus die eigentlichen Wald-
bahnen stets paarweis von Norden und Süden her in das Gebirge ein-
dringen. Zwei von diesen meist sehr kurz abschneidenden Seitenbahnen
durchqueren das Gebirge vollständig und erlangen dadurch internationale
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