1910 -
Altenburg
: Bonde
- Autor: Regel, Fritz, Fritzsche, Richard
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Thüringen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Sachliche Vertiefung: Wie kommts wohl, daß im Westen der fränkischen Mulde
sich das Rhöngebirge erhebt? — Was lehrt uns die Kegelgestalt der Rhönkuppen? —
Inwiefern kann man die Vorderrhön als Kuppenrhön bezeichnen?
3. Wie ist das Eisenacher Oberland beschaffen und was hat die Beschaffenheit
zur Folge gehabt?
Die Platten des Rhöngebirges bestehen aus Buntsandstein. Die Ackerkrume,
welche den Erdboden bedeckt, ist namentlich in den höher gelegenen Teilen der Kuppenrhön
ziemlich dünn. Deshalb ist ein lohnender Anbau nicht gut möglich. Daher sind die
Platten vielfach öde und einförmig und auf weite Strecken hin mit mageren Wiesen-
flächen überzogen, auf denen große Schafherden weiden. Wo den Boden eine dickere
Krume bedeckt, wie z. B. auf den niedrigeren Platten und in den Mulden, da ist der
Anbau lohnender; aber auch hier wird der Ertrag der Felder durch das rauhe und
feuchte Klima auf ein geringes Maß beschränkt. An vielen Orten wird das Getreide
kaum reif, und auch die Obstbäume liefern meist nur einen kärglichen Ertrag, weil auch
die Täler sehr häufig mit dichten, kalten Nebeln erfüllt sind.
Das Eisenacher Oberland ist arm an Bodenschätzen. An einzelnen Stellen
finden sich Eisenerze und Toulager, und am Nordostrande des Gebirges kommen Braun-
kohlen vor; der Abbau derselben wird aber mit geringem Erfolg betrieben. Infolge-
deffen hat sich in dem Eisenacher Oberlande auch keine lebhafte Industrie entwickeln
können; nur die Hausindustrie hat hier festen Fuß gefaßt. An einzelnen Orten wird
der Ton zu Toukrügeu und Geschirren verarbeitet; auch Pfeifeuköpfe für Ruhlaer Ge-
schäfte werden hier und da gefertigt.. In den meisten Rhönorten beschäftigen sich die
Bewohner mit H a u s w e b e r e i. Da webt man aus dem Flachse, den man im Sommer
erbaut hat, das weiße Linnen, und die Wolle der Schafe liefert das Garn, aus welchem
Plüsch und andere Wollstoffe gewebt werden. Heimisch im Rhöngebirge ist auch die
Sattlerei und Riemerei, und an vielen Orten wird das Peitschenflechten
schwunghaft betrieben. Die ausgedehnte Viehzucht liefert dem Gerb erhandwerk
die nötigen Rohstoffe. An einigen Orten wird das Holz der Wälder zu allerlei nütz-
lichen Geräten verarbeitet.
Da im Rhöngebirge die Erwerbsverhältnisse so ungünstige sind, so ist dasselbe
auch schwach besiedelt. Auf 1 qkm kommen im Durchschnitt nur 60 Bewohner.
Wir finden auf demselben nur kleine Städte und armselige Dörfer (Kaltennordheim,
Dermbach, Leugsfeld, Schmalenau, Wüstensachsen, Sparbrod). Es sind meist armselige
Dörfer, die aus einer Reihe niedriger Hütten bestehen. Die kleinen Häuschen mit ihren
grauen Schindeldächern und ihren niedrigen Fenstern machen einen ärmlichen Eindruck
und bezeugen, daß die Bewohner dieser Hütten in ärmlichen Verhältnissen leben. Noch
mehr tritt uns dies zutage, wenn wir in das Innere einer solchen Hütte treten. Da
ist uichts zu spüren von der Freundlichkeit und Behaglichkeit, wie wir sie in unseren
Wohnungen antreffen. Der Hausflur besteht meist aus festgetretenem Lehm oder ist
mit unregelmäßigen Steinplatten bedeckt. Eine niedrige Tür führt in die Wohnstube,
die gleichzeitig als Küche dient. Ein Holztisch, einige Holzstühle und mehrere Holzbänke,
die an den Wänden und um den Ofen angebracht sind, bilden die ganze Ausstattung
des Wohnraumes. Viele der Rhönbewohner verlassen zur Sommerszeit auf mehrere
Monate das rauhe Gebirge und wandern hinab in die gesegneteren Gefilde des Werra-
und Maintales, um dort als Erntearbeiter ihren Verdienst zu suchen. Andere ziehen
in größere Städte, um als Maurer oder Zimmerleute zu arbeiten, während noch andere
als Handelsleute von Ort zu Ort wandern und die im Winter gefertigten Waren
verkaufen. Im Spätherbst kehren sie meist zurück, um in der langen Winterszeit, wo
gewaltige Schneemassen das Gebirge bedecken, in den niedrigen Hütten zu spinnen und