1907 -
Breslau
: Priebatsch
- Autor: Clemenz, Bruno, Urbanek, Rudolf, Pfeiffer, Reinhold
- Hrsg.: Priebatsch, Felix
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Schlesien
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Schlesien
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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möglichst leicht gemacht werden. Beides ist mit dem modernen
Bahnhofbau erreicht.
Tritt man nun heraus auf den großen Bahnhofplatz, so
lernen wir einen moderneu, iu riesigen Maßen gehaltenen Platz
kennen, der auf das Auge einen durchaus wohltuenden Eindruck
macht. Mau übersieht den ganzen Platz vom Bahnhof aus und
kann nun einer der Straßen, in die er ausmündet, zustreben, um
in das Innere der Stadt zu gelangen.
Nach drei Richtungen verkehren elektrische Straßenbahn-
wagen, und alle sind sie gefüllt. Wenden wir uns der Garten-
straße oder der Taschenstraße zu: mitten hinein ins Großstadt-
leben trägt uns der elektrische Funke, der deu Wagen beflügelt.
Oder wir können mit einem Taxameter erster oder zweiter Klasse
fahren. Die Welt der Großstadt wirkt beim erstenmal wie ein
Theater auf uns. Gewaltige Kulissen bilden die fünf- und
sechsstöckigen Bürgerhäuser mit deu glitzerudeu Spiegelscheiben
und den schreienden Reklameschristen. Die Darsteller sind des
modernen Stadtlebens wechselnde Gestalten, Gruppen von hastigen
Passanten aller Bernse und gesellschaftlicher Stellung, die Massen
der Angestellten aus den Hunderten von Geschäften Breslaus,
die Straßenverkäufer, die Leute, deren Beruf es ist, die Straßeu
zu bewachen und zu reinigen, die Fremden und Gäste, denen
Breslau etwas Neues ist. Uud die Musik zu dem Spiel und
Kampf ums Dasein machen Glocke und Klingel der „Elektrischen"
und Omnibusse, die Hupeu der Automobile, die Klingelzeichen
der Radfahrer, das Peitschengeknalle der Wagenlenker und das
Rollen und Dröhnen der tausend Fahrzeuge aller Art, die einander
treiben und solgen.
Wir aber sind Zuschauer, und wir werden inne, daß in
diesem nervenverbrauchenden Verkehr das eigentliche Wesen der
Großstadt liegt und daß hier das Menschenleben seine hoch-
gespannte Tätigkeit entfaltet im Dienste des Geschäfts, des
Unternehmens, des Gelderwerbs, des Zusammenschlusses der
vielen Einzelnen zu einem Ganzen mit bewundernswürdiger
Arbeitsteilung.
Die Bevölkerung einer so großen Stadt lebt vor-
wiegend von Industrie, Handel und Gewerbe, im Staats- oder