1910 -
Paderborn
: Schöningh
- Autor: Bachmann, Heinrich
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
50 Deutsche Forschertätigkeit in Afrika und Asien
Als wir im Februar 1908 den Karissimbi von seiner
Südseite aus bestiegen, kamen wir zunächst durch eine Erbsen-
felderregion, die zu einem vereinzelt gelegenen Watussigehöft
gehört. Gleich dahinter beginnt der Bambuswald. Er ist der
ausschließliche Machtbereich der übelbeleumundeten Batwa, die
hier der Jagd auf Elefenten und Büffel obliegen oder gelegentlich
auch mal eine Karawane überfallen. Sie sind ein schlimmes,
lichtscheues Raubgesindel. Mit welcher Verwegenheit sie mit-
unter vorgehen, das hat ein i'lberfall auf die Karawane des
kaiserlichen Residenten gezeigt. Trotzdem diese von Soldaten
begleitet war, hatten die Batwa es gewagt, die Karawane aus
dem schützenden Dickicht heraus anzugreifen. Freilich waren sie
diesmal die Hereingefallenen. Nur mit Mühe und Not hatten
sie den schweren Blechkoffer, der ihnen in die Hände gefallen
war, zu öffnen vermocht. Jedoch anstatt der erwarteten
Schätze, der Perlen und bunten Tücher, die ihnen ihre Gewinn--
sucht vorgegaukelt, fanden die listigen Zwerge einen Stoß
von — Akten!
Auf den Bambuswald folgt engverwachsener, üppiger
Urbusch. Ein Gewirr von Schlinggewächsen, von Dornen und
dichtem Gestrüpp, aus dem sich nur vereinzelte Baumstämme
herausheben. Langsam geht es jetzt vorwärts. Das Busch-
messer tut mit wuchtigem Sausen seinen Dienst. Hat man
endlich auch die Regionen des Urbuschwaldes glücklich über-
wunden, so steht man plötzlich inmitten einer eigenartigen Welt:
alte, stämmige Erikazeen mit zottigen Bartflechten, gelbblühende
Senecien, daneben Lobelien, deren übermannshohe trockene
Schäfte wie ein mahnender Zeigefinger nach oben weisen,
während zu ebener Erde wildwuchernde Alchemillen einen
dichten Teppich bilden. Weiterhin zum Gipfel hört auch diese
Vegetation auf. Nackter Fels, von der Verwitterung in ein
Wirrwarr loser Blöcke aufgelöst, starrt einem oben entgegen.
In den Spalten und Klüften des Gesteins liegt Eis.
Am ganzen Leibe vor Kälte zitternd hüllen sich meine
Instrumententräger dichter in ihre wollenen Decken. Ganz
nahe rücken sie zusammen. Ich lese die Temperatur ab: 1 Grad
Celsius? Dazu bläst ein scharfer Ostwind . . . Unseres
Bleibens hier oben in 4500 Meter Meereshöhe ist daher nicht
lange. Leider ist alles um uns in einen undurchdringlichen