1907 -
Münster i.W.
: Aschendorff
- Autor: Lennarz, Gottfried
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
Die Landschaft in Italien. loa
goldene Früchte die fruchtbare Ebene füllen. — Ein
anderer, weniger erschütternder als schwermütiger Cha-
rakter spricht aus den Campagnen einst blühender alter
Städte, vor allem aus der von Rom, deren Reize je
länger man mit ihnen verkehrt, um so inniger das Gemüt
ergreifen. Hohlwege und zufällige Schluchten, Auf-
schwellnngen und Absenkungen des Tuffbodens, anfge-
schwemmte Hügel, struppige Gräser und Dorngesträuch,
halbvergrabene, gestaltlose Ruinen, zerbrochene Bogen
der Wasserleitungen, ein einsames Haus, ein iu der
Ferne sich hinziehender leichter Zaun, Hirten auf Pferden,
am Horizont unendlich weite Linien, — alles dieses gibt
auf Wanderungen durch die römische Campagua tausend
und abertausend anziehende Bilder des Erdlebens als
solchen, Motive der Bodengestaltung von unerschöpflichem
Reichtum, für die man erst allmählich ein Auge gewinnt,
und die nur der recht faßt, der nach Goethes Ausdruck
„Freundschaft mit der Erde" geschlossen hat. Meist
haben diese Ebenen durch Aufschwemmung der Flüsse,
die, in ihrem Laufe stockend und periodisch anschwellend,
Grabmäler und Trümmer des Altertums immer tiefer
unter Schlamm und Erde vergruben, ihre jetzige Gestalt
erhalten: so iu der herrlichen Campagna von Pästum, iu
den Sumpfgefilden von Sybaris und Kroton usw. Nicht
bloß Erdbeben und Sturm und Regen, auch die nicht
mehr geleiteten und gezügelten Bäche und Ströme haben
in Italien wie in Griechenland das Gebild von Meu-
schenhaud zerstört und den Boden umgestaltet.
Daß die Erd- und Bergformen im klassischen Süden
schöner modelliert sind als im Norden der Alpen, scheint
dem geognostischen Satze zu widersprechen, wonach die-
selbe Gebirgsart in den verschiedensten Klimaten und
unter jeder geographischen Breite dieselbe Gestalt zeigt.
Wir wissen nicht, wie es sich damit verhalten mag; viel-
leicht bewirkt nur die reinere Luft, das die Tektouik des
Gebirges sich hier edler darstellt und dem ästhetisch
sehenden Auge reizender erscheint. Denn während