1913 -
München
: Seybold
- Autor: Murawski, Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Gegend?! Denn um mich her nichts als Klippen, Sturm und fliegende
heiße Sandmassen. Mein Pferd lag wieder und wollte sich geduldig in
sein unvermeidliches Schicksal ergeben. Eigenartig geformte, vom Sande
in jahrhundertelanger Arbeit abgeschliffene Basaltfelsen glotzten mich
an. Hätte ich nun nachgegeben und mich neben das Pferd gelegt, so
wäre ich bald von den Sandmassen überschüttet und erstickt worden,
wäre verdurstet und für Retter unauffindbar gewesen. Mit meinen schnell-
schlagenden Pulsen und in meiner Fieberaufregung glaubte ich, daß die
Felsen Grimassen schnitten und über ihre verirrten Opfer bereits Hohn
lachten. Plötzlich sah ich inmitten der dahinbrausenden Sandmassen
eine rotglühende Stelle — dort mußte Westen liegen, dort ging die
Sonne unter, ich war orientiert. Rasch riß ich meinen Gaul hoch, der
durch meinen plötzlichen Impuls auch Febensmut bekam, und dann
ritt ich durch den Sturm, durch die Sandmassen meiner Rettung ent-
gegen, denn nach Westen mußten die Häuser von Kollmannskuppe
und die Pad liegen. Ich hatte mich nicht geirrt. Halbversandete schnell
aufeinanderfolgende Ochsenkadaver zeigten mir die Richtung der Pad;
ich war mit meinem Pferde gerettet. —
Schnell vergißt man die überstandenen Gefahren, und als ich noch
gegen Sturm und Sand ankämpfen mußte, dachte ich an die vielen Fracht-
fahrer, die ihre Ochsen dem Dursttode haben preisgeben müssen, und an
unsere braven Soldaten, die während des Krieges hier gleichfalls auf
dieser Pad die wasserlose Wüste in unendlich vielen Tagesmärschen
durchziehen mußten, um an den hinterlistigen Feind heranzukommen.
Nachts mußten sie oft unter Klippen und im Sande ihre müden Glieder
zur Ruhe legen — vielleicht haben sie dann mit dem Sande gespielt und
die Körnchen durch ihre Finger gleiten lassen, während ihre Gedanken
meilenweit entfernt in der Heimat bei den Fieben weilten. Sie merkten
dann nicht, daß glitzernde Steinchen dazwischen waren, durch die sie
mit einem Schlage hätten reich werden können. Wie konnten sie auch
nur ahnen, daß diese erbarmungslose Wüste Schätze berge?
Derselbe Abend sollte mir noch den Beweis liefern, welche unendlichen
Werte aus dem Sande zu heben sind. Durch meine Irrfahrten kam ich
stark verspätet nach Kollmannskuppe; auch hier hatte der Sandsturm
gewütet, wenn auch weniger stark, die Haustüren der Villen lagen manns-
hoch voll Sand. Einige Hütten waren völlig verschüttet und mußten
wie die 1 üren ausgeschaufelt werden. Als ich eintreten konnte, sah ich
den Direktor und seinen Assistenten damit beschäftigt, mit feinen De-
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