1913 -
München
: Seybold
- Autor: Murawski, Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
bearbeitet. Auf der Straße sind auch alle Sachen zum Verkauf ausge-
stellt: da hängen hemdenartige Gewänder, Dolchmesser in kunstvollen
Lederscheiden, kleine Ledertäschchen, Schuhe und Sandalen, ausgebreitete
Stoffe; auf der Erde sind in Kürbisschalen und geflochtenen Grastellern
alle Arten von fertig zubereiteten oder rohen Lebensmitteln aufgebaut.,
dazu Salz in kleinen Häufchen, die je für io Pfennig verkauft werden,
Tabak und Gewürze. In großen Orten wird zwei- bis dreimal wöchentlich
ein Rind geschlachtet undy häufig schon nach europäischem Gewicht,
stückweise verkauft; in holzarmen Gegenden bringen sie täglich große
Bündel Brennholz zum Markt, auf dem sie Schutzdächer errichtet haben,
um sich und ihre Waren vor Regen oder stechender Sonne zu schützen.
Das behagliche, schwatzende Nichtstun, die regungslose Faulheit, denen
sich der Neger hingibt, wo er irgend kann, sind dem Haussa fremd;
immer ist sein Erwerbsinn wach und tätig, er ist aus eigenem Antrieb
ein fleißiger Handwerker und rastloser Kaufmann.
In früheren Jahrhunderten bestanden im Westsudan mächtige Haussa-
staaten, deren Geschichte ein Gebiet für sich ist. Nach ihrer Zer-
trümmerung durch stärkere Stämme, die aus Norden eindrangen, wurde
das ganze Volk auseinander gesprengt, zerstreut, und ohne eigentliche
Heimat wandern die Haussa von Land zu Land, lassen sich wohl für
einige Zeit an Orten nieder, in denen ihren Handfertigkeiten lohnender
Verdienst winkt, und wandern weiter, wenn das Geschäft abgeschlossen
ist, wenn die günstigen Verhältnisse sich ändern. Durch ihre alte Kultur,
ihre Geschicklichkeit in manchen Handwerken und nicht zum mindesten
durch den geistigen Besitz, den sie durch ihre Zugehörigkeit zum Islam
gewonnen haben, sind sie den Negervölkern, zwischen denen sie immer
nur als Fremdlinge leben, in vieler Beziehung überlegen, ganz besonders
aber durch den klug rechnenden, vorausschauenden, wahrhaft kauf-
männischen Geist, mit dem sie überall den Verhältnissen von Angebot
und Nachfrage gerecht werden, dem Negen das bringen, was er braucht
oder gern hat, und das dafür in Tausch nehmen, was sie in anderem Land
gut verwerten können.
Trotzdem liebt der Neger den Haussa nicht, sondern fürchtet, ja haßt
ihn gar, denn er fühlt instinktiv, daß der Haussa ihn bei jedem Handel
übervorteilt, und daß er in Wahrheit immer der verlierende Teil ist,
auch wenn er einen heißbegehrten oder dringend nötigen Gegenstand
erhandelt hat. Oft merkt er auch den wirklichen Betrug oder eine
schamlose Ausbeutung seiner Unwissenheit, denn der Haussa ist ein
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