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1. Geographisches Quellenlesebuch der außereuropäischen Erdteile - S. 98

1913 - München : Seybold
3. Unter den Singhalesen*. Die Singhalesen sind große Liebhaber von Tanz und Musik, beides allerdings in Formen, die wenig nach unserem Geschmacke sein würden. Die wichtigsten Instrumente sind Pauke und Tam-Tam, deren Kalbsfell aus Leibeskräften mit hölzernen Keulen bearbeitet wird, außerdem Rohr- pfeifen und ein sehr einfaches Streichinstrument mit einer einzigen Saite. Wenn ich abends in der Nähe des Rasthauses den Lärm dieser ohrzerreißenden Werkzeuge vernahm und demselben nachging, traf ich in der Regel vor einem Feuer unter einer Palmengruppe einen Trupp von einem halben oder ganzen Dutzend brauner nackter Kerle, die sich mit weißen, gelben und roten Strichen phantastisch bemalt hatten und in den wunderlichsten Kapriolen umhersprangen. In weitem Kreise hockte eine andächtige Volksmenge dicht gedrängt umher und verfolgte diese grotesken Kunstleistungen mit Aufmerksamkeit. Um die Weihnachtszeit wurden diese abenteuerlichen ,,Teufelstänze“ häufiger und erhielten be- sondere religiöse Bedeutung. Die Hauptkünstler waren dann mit bunten Federn abenteuerlich verziert, trugen ein paar Hörner auf dem Kopfe und hatten einen langen Schwanz angebunden, ein besonderes Vergnügen der lieben Jugend. Springend und johlend zog jetzt öfter ein ganzer Trupp solcher Dämonen unter Musikbegleitung auch hei Tage durch das Dorf, während die nächtlichen Trinkgelage manches Mal zu etwas bedenklichen Festen ausarteten. Eine besonders buddhistische Feierlich- keit hatte am 19. Dezember der Häuptling des benachbarten Dorfes Dena Pitya veranstaltet. Ich war als Ehrengast eingeladen und wurde nachmittags in feierlichem Aufzuge abgeholt. Ein ganzes Dutzend alter kahlgeschorener Buddhapriester in gelbem Talar empfing mich unter den Wipfeln eines ungeheuren feierlichen Feigenbaumes und führte mich unter wunderlichem Gesänge in den Tempel, der mit Girlanden zierlich geschmückt war. Hier wurde mir das große Buddhabild, reich mit duftenden Blumen geschmückt, gezeigt und die Bedeutung der Wandmalereien erklärt. Dann wurde ich auf einen Thronsessel geführt, der dem Tempel gegenüber unter einer schattigen Bananengruppe er- richtet war, und nun begann die eigentliche Vorstellung. Ein Musikchor von fünf Tam-Tam-Schlägern und ebensovielen Flötisten begannen einen Lärm auszuführen, der „Steine erweichen“ konnte. Zugleich erschienen auf zwölf Fuß hohen Stelzen zwei Tänzer, die eine Reihe der wunder- * Haeckel, Ernst, Indische Reisebriefe. Paetel, Berlin. 98
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