1913 -
München
: Seybold
- Autor: Murawski, Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
7. Über den Transhimalaja*.
Am 27. Januar wie gewöhnlich Sturm! Geleitet von den immer feiner
werdenden Verzweigungen des Flußsystems des Tagrak-tsangpo, rücken
wir in südlicher Richtung vor, ohne daß uns jemand hindernd in den Weg
tritt oder auch nur die geringste Notiz von unserem Zuge nimmt. Von
einer kleinen Paßschwelle herab überblickten wir die beiden Neben-
flüsse des Naong-tsangpo, den Puptschung-tsangpo und den Kelung-
tsangpo, und folgten dem letzteren. Er führte uns zu einer zweiten
Schwelle mit einem Steinmal und mit Gebetsfahnen; von einer Stange
in der Mitte ziehen sich nach allen vier Himmelsrichtungen Schnüre,
die mit Lappen und Bändern behängt und mit kleinen Steinblöcken
am Boden befestigt sind. Von einer dritten Schwelle zweiten Ranges
zeigt uns der Führer hoch droben in den Pablabergen den Paß erster
Ordnung, den wir morgen überschreiten müssen. Schon jetzt befinden
wir uns in hochalpinen Gegenden ohne Graswuchs; in dem Schutt
wächst nur noch Moos. Der Bach kommt von Puptschungri-ri, einem
Teil des Hauptkammes. Im Südosten sehen wir die beiden mit Schnee
bedeckten Bergmassive Torma-karu und Sangra. Hier lagern nie No-
maden, das Land liegt zu hoch. Nur wenn die Beamten aus Taschi-lunpo
offiziell hierher reisen, sind die nächst wohnenden Nomaden verpflichtet,
ihre Lagerzelte aufzuschlagen. Am Abend legte sich der Wind, und die
Töne der Llöten hallten klar und lieblich im Tale wider. Der Mond
stand hoch und leuchtete hell auf das stille, wunderbare Land herab.
Schweigend und kalt schreitet die Nacht dahin, und das Thermometer
fällt auf 33,9°. Bei solcher Temperatur braucht keine Zugluft durch
die Ritzen zu kommen, um die Luft des Schlafraums abzukühlen;
man wacht davon auf und muß sich fester in seine Decken hüllen.
Der 28. Januar war ein großer Tag in dem Chronikbuch dieser Reise.
Wir wußten, daß wir einen anstrengenden Weg vor uns hatten, und brachen
deshalb zeitig auf. Das Pferd, in dessen Mähne der Nummerzettel 22
eingeflochten war, lag steinhart gefroren mit von sich gestreckten Beinen
vor meinem Zelt; es hatte uns beinahe ein halbes Jahr lang treu gedient.
Sieben Pferde und ein Maulesel waren uns jetzt noch geblieben. Sie trugen
nur die Filzdecken, die ihnen nachts als Schutz gegen die Kälte dienen
sollten. Den neuen tibetischen Pferden ging es vorzüglich; neben unsern
Hedin, Sven von, Transhimalaja. Entdeckungen und Abenteuer in Tibet. Brock-
haus, Leipzig.
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