1913 -
München
: Seybold
- Autor: Murawski, Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
der dazu beiträgt, den engen, wimmelnden Straßen sogar einen eigen-
artigen künstlerischen R.eiz zu verleihen. Unscheinbar hängt neben diesen
das Symbol des wachen Auges der Obrigkeit: die Tafel mit den Namen
aller in einem Hause wohnenden Personen, die vorschriftsgemäß an
jedem Hause sich finden soll, die man aber freilich in manchen
Provinzen selten oder höchstens mit dem Namen des Hausherrn be-
schrieben erblickt. Auch Straßennamen glänzen an den Ecken, und diese
sind meistens sehr hochtrabend.
10. Mit der Bahn durch die Mandschurei*.
Jenseits des Baikalsees, der mit seinen schönen Ufern unseren Blicken
langsam entschwindet, erreicht der sibirische Zug nach drei Stunden
das breite Tal der Sselenga und beginnt allmählich zu steigen. Während
der Fluß sich verengt, fahren wir über ihn auf einer 5oo m langen
Brücke hinweg. Bald erreichen wir Werchne-Udinsk, von wo eine
Poststraßc in südlicher Richtung bis an die chinesische Grenze nach
Kiachta führt. Dort befindet sich der Hauptsitz des Teehandels von
China nach Bußland, und über diesen Punkt wird auch eine Eisenbahn-
verbindung gelegt, die auf kürzerem Wege als durch die Mandschurei,
nämlich durch die Wüste Gobi, nach Peking führen soll. Der sibirische
Zug überschreitet mehrere Flüsse, in deren Tälern hier eine Zementfabrik
und dort ein Eisenwerk auf taucht, und erreicht in einer Höhe von
1037 m den Rücken des Jablonowygebirges. Der Charakter der Uand-
schaft ist wildromantisch. Zwischen kahlem, schroff aufragendem Gestein
erblicken wir einen Tunnel, der mit seiner Inschrift daran erinnert,
daß sich hier die Wasserscheide für den Uauf der Ströme befindet.
Wiederholt stoßen wir auf militärische Abteilungen. Wir hatten kaum
Zeit, alles zu beobachten, was sich nun vor unseren Augen in dieser Bezie-
hung abspielen sollte. Die Grenze Chinas, die bei der Station Mandschuria
anfängt, hätten wir fahrplanmäßig mittags erreichen müssen. Statt
dessen trafen wir aber wegen der Verspätung, die erst zur Hälfte
eingeholt war, am nächsten Tage in aller Frühe dort ein. Nach
unseren Uhren war es sogar erst zwei Stunden nach Mitternacht, aber
sie mußten es sich gefallen lassen, daß wir den Zeiger auf dem Ziffer-
blatt sechsmal vorwärts herumdrehten, da wir fortan nicht mehr nach
* Zabel, E., Auf der sibirischen Bahn nach China. Alldem. Verein für D. Lit., Berlin.
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