1913 -
München
: Seybold
- Autor: Murawski, Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Kurz bevor sich der Zug wieder in Bewegung setzt, gewahren wir
auch zwei chinesische Polizeibeamte in roter Jacke, denen vorn auf der
Brust in russischer und chinesischer Sprache die Bedeutung ihres Amtes
schriftlich bestätigt ist. An einzelnen Stationen geben uns die Chinesen
richtige Schaustellungen und führen solange gymnastische Kunststücke
aus, bis wir ihnen einige Kupfermünzen zuwerfen. Immer wieder fallen
die massiven Stationsgebäude mit Stein wänden von 7 5 cm Dicke auf, die
wie kleine Festungen wirken, und in Verbindung mit allem stehen,
was man im Kriegsfälle nötig hat. Stallungen, Werkstätte für Waffen
aller Art, Wächterhäuser kann man in kurzen Zwischenräumen beob-
achten.
Die Kasernen mit den Truppen, die in immer größerer Anzahl nach dem
Osten abgeschickt werden, liegen meistens von den Stationen so weit ab,
daß man sie im Zuge nicht sieht. Man kann keinen Augenblick daran
zweifeln, daß die Bussen die Absicht haben, sich hier für alle Ewigkeit
festzusetzen. Jede Werst zeigt die fieberhaft beschleunigten Vorberei-
tungen für die Möglichkeit eines Krieges. Bei der Bückkehr begegneten
wir mehrmals — innerhalb weniger Stunden fünf — Militärzügen,
von denen jeder aus einigen vierzig Waggons bestand, und die alle in
östlicher Bichtung an uns vorbeifuhren.
Die Gegend hinter Charbin zeigt die Mandschurei in landwirtschaftlicher
Beziehung in sehr vorteilhaftem Licht. Überall erkennt man an der
schwarzen Erde die fruchtbare Beschaffenheit des Bodens. Tagelang
fahren wir zwischen Feldern mit Weizen, Kartoffeln und Baps einher.
Ein Tag vor Dalny taucht zur Linken Mukden, die alte Hauptstadt der
Mandschudynastie, vor uns auf. Man unterscheidet aus der Entfernung
eine altersgraue, verfallene Mauer, die sich weit hinzieht, und auf ihr
sieben oder acht Wachttürme. Die Bahn schneidet einen großen chine-
sischen Friedhof mitten durch. Zu beiden Seiten des Fahrdammes
erblicken wir unzählige grün bewachsene Grabhügel, einzeln oder in
Gruppen. Die Hügel sind aber nicht wie bei uns langgestreckt und
viereckig, sondern in der Form von Kugelabschnitten aufgeworfen, die
einen kegelförmigen Aufsatz tragen und von einem niedrigen, kreis-
förmigen Erdring umgeben sind. Wenn sich der Zug wieder in Be-
wegung setzt, rollen wir über große Brückenbauten hinweg, unter denen
wir sumpfiges, ausgewaschenes Terrain und einen träge hinschleichenden
Flußarm erblicken. Zum Schutz der Brücke gegen räuberische Überfälle
und Versuche, sie zu sprengen, sind Kasernen angelegt, und Kosaken-
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