1913 -
München
: Seybold
- Autor: Murawski, Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
zierliche, fette Dingerchen, in ungeheuren Schwärmen aus dem Norden
kommend, in den Reisgegenden ein und richten hier schreckliche Ver-
wüstungen an. Manchmal zerstören sie nicht weniger als /io—6oo/0
der ganzen Ernte. Mit ihren scharfen, spitzen Schnäbeln öffnen sie die
Hülsen und saugen aus ihnen jene milchige Substanz, welche sie ent-
halten, bevor die Körner ganz reif geworden sind. Dadurch werden
aber diese letzteren ganz ungenießbar, und der Pflanzer und seine
Aufseher sind deshalb den ganzen Tag über auf dem Felde, um die
Vögel zusammenzuschießen oder zu verscheuchen. Zu Hunderten werden
die fetten, genießbaren Tiere auf der Tafel des Pflanzers aufgetragen
und gewähren also zum mindesten dadurch eine Entschädigung für
den von ihnen angerichteten Schaden.
Der Reis wird von den Negern mit eigenen Werkzeugen, den sogenannten
„rice hooks“ (großen, krummen Sicheln) geschnitten und gleich in
Garben gebunden. Leider kommen im August gewöhnlich heftige Regen-
güsse vor, die gar häufig dem Pflanzer den Spaß verderben. Ist jedoch
das Wetter schön, dann eilt alles in die Felder, und Weiber und Kinder
sind eifrig damit beschäftigt, die schönen goldgelben Pflanzen geschickt
in Garben zu binden, die von den Negern nach den Scheuern getragen
werden. Sind diese letzteren sehr weit entfernt, so werden die Garben
auf flache Boote zusammengetragen und in den Wasserkanälen nach
dem Pflanzerhof gerudert. Dann bieten die Reisplantagen in der Tat
einen schönen, reizenden Anblick dar, der uns an die Szenen des
südlichen Ägyptens erinnerte: der blaue, klare Himmel, die goldenen
Felder, von Kanälen durchzogen, landeinwärts ein dunkler Wald von
hohen, schattigen Bäumen, zwischen welchen man das Haus des Pflanzers
und das Negerdörfchen, „the Quaters“, mit seinen kleinen, weißen
Häusern sehen kann, jenseits der breite, durch Dämme geschützte Strom,
auf welchem stattliche Segler und Dampfschiffe entlang fahren, auf
den Feldern die Negerinnen mit ihren kurzen, hochaufgeschürzten Röcken,
die Männer mit einer kurzen Hose notdürftig bekleidet. In der Nähe
des Gehöftes sind auf einem freien Platz ein oder zwei Dutzend
Äthiopier mit dem Dreschen der Garben beschäftigt, oder man hört
das Klappern der Dreschmaschine, die auf vielen Plantagen das Hand-
dreschen ersetzt hat. Das Reisstroh wird häufig wie Heu in Ballen
zusammengepreßt und als Futter verwendet, während die Reiskörner
auf Schiffen geradeso wie Tabak und Getreide nach den in Amerika
allgemein eingeführten „Elevatoren“ (Mammutspeichern) kommen.
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