1913 -
München
: Seybold
- Autor: Murawski, Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
duinenstämme betrachten es als ein ihnen ausschließlich zustehendes
Recht, die Fremden zu brandschatzen.
In den meisten Fällen wird der Reisende, um nicht im Genuß der
Sehenswürdigkeit gestört zu werden, wohl manches über sich ergehen
lassen, aber die Herren Wüstensöhne haben die üble Angewohnheit, in
schwierigen, fatalen Situationen die Verlegenheit des Fremden auszu-
beuten, indem sie mit ihren unberechtigten Forderungen blitzschnell
hervortreten, wie ich gleich darzutun Gelegenheit nehmen werde. Als
wir in Gizeh den Wagen verlassen hatten, bedeutete uns der getreue Hassan
— unser Dragoman —- daß, um das Innere der Cheops-Pyramide zu
besichtigen, wir zunächst dem Schech (Schej türkisch, Scheich arabisch,
Stammesältesten) unsere Absicht kund tun müßten. Der letztere kam
übrigens schon äußerst würdevoll auf uns zugeschritten und forderte
von jedem ,,Visitateur cinq francs“ für je zwei Begleitmannschaften.
Die Verhandlung wurde in französischer Sprache — allerdings sehr rade-
brecherisch — geführt. Ich erhielt zuerst ein paar hochgewachsene,
kaffeebraune Kerle zugeteilt und begab mich, ohne Zeit zu verlieren,
mit ihnen zum Eingang der Pyramide, die sich etwa fünf Meter über
dem Wüstenniveau befindet. Anfänglich — solange der Gang ziemlich
eben hinläuft — ging das ganz bequem, und ich fragte mich schon
im stillen, wozu eigentlich zwei Begleiter nötig seien. Zum Halten der
Kerze wäre doch einer vollkommen genügend. Aber bald geht.’s steil
hinauf, und je beschwerlicher der Weg, desto heißer die Atmosphäre.
Die Hitze innen beträgt etwa 26 bis 28 Grad Reaumur. Zudem ist der
Gang stellenweise so eng, daß ich wie eine Schlange auf dem Bauche
liegen mußte, von dem vorderen Beduinen gezogen, von dem hinteren
ä tempo geschoben. So ging’s fort bis zu dem großen „Fallstein“.
Mit diesem Stein war die Königsgruft ehedem geschlossen. Beim
Öffnen der letzteren hat man die oberen kleineren Steine heraus^emeißelt.
O
Über diesen Schlußstein muß man hinwegklettern. In Schweiß gebadet
und schrecklich beschmutzt stand ich da, nach Luft ringend. Meine
beiden Reisegefährten aus dem Hotel hatten mir, nachdem sie die Hälfte
des Weges zurückgelegt hatten, nachgerufen, sie verzichteten auf die
Besichtigung der Totengewölbe, und waren umgekehrt. Ich befand
mich also in dem düsteren, durch eine unruhig flackernde Kerze recht
notdürftig erhellten Raum allein mit den beiden Arabern. Sie staubten
mich ab und trösteten mich, daß die schwierigste Stelle des Weges
zurückgelegt sei, und daß jenseits des großen Steines der Gang sehr
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