1913 -
München
: Seybold
- Autor: Murawski, Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
um dort Butter, in der Sonne gedörrtes Fleisch und Duchn zu verkaufen
und zugleich für seinen Herrn Erkundigungen über unsere erwartete
Ankunft einzuziehen. Er war dunkelbronzefarbig, ritt ein Bornupferd
auf schmalem Holzsattel mit niedriger Bückenlehne, nach vorn gebogenem
Knauf und mit Steigbügeln von fast europäischer Form, in die nur
vier Zehen gesetzt werden — die große bleibt außerhalb. Wir hielten
mit diesen Leuten gemeinschaftliche Mittagsrast, und ich kaufte bei
dieser Gelegenheit etwas gedörrtes Antilopenfleisch und einen Krug
flüssiger Butter, welche nach der Sitte der Bornüleute mit Kuhurin
versetzt worden war — und dadurch einen mir durchaus ungewohnten
und widerwärtigen Geschmack erhalten hatte.
Wenn der Übergang von der vollständigen Wüste zur krautreichen,
doch baumlosen Steppe sich ganz allmählich vollzogen hatte, so änderte
sich nun, wo wir die Nordgrenzen der regelmäßigen Sommerregen über-
schritten, der landschaftliche Charakter plötzlicher und wesentlicher.
Bis dahin hatten dieselben Gräser und Kräuter, welche auch in der
mittleren Wüste an begünstigten Stellen wuchsen, die Gegend beherrscht
und nur an Menge zugenommen. Der Siwäk allein hatte das Bild der
südlichen Oasen wirklich verändert, doch ein vereinzelter Tundub oder
ein Hedschlidsch von kümmerlicher Entwicklung vermochte den Ein-
druck der Steppe kaum mannigfaltiger zu gestalten. Als aber am 25. Juni,
nachdem wir bald nach Mitternacht aufgebrochen waren, das erste
Morgenlicht unsere Umgebung beleuchtete, fühlten wir uns in eine
andere Welt versetzt. Nach der Tintumma würde uns ein erneutes
Auftreten der Wüste nicht überrascht haben; jetzt fühlten wir, daß
diese vollständig überwunden hinter uns lag, daß wir eine andere Zone
mit reicherer Natur und glücklicheren Lebensbedingungen betreten hatten.
Inmitten dieser herrlichen Natur fühlten wir uns selbst neu belebt, von
fröhlicher Hoffnung erfüllt, und marschierten am 2 5. Juni ohne das
Gefühl der Ermüdung morgens sieben und nachmittags acht Stunden
bis in die Nacht durch eine fortlaufende Reihe anmutiger, kesselförmiger,
flacher Täler, an deren Reizen wir uns nicht satt sehen konnten. Wenn
bis dahin unsere Wegerichtung von der südlichen nach Westen abge-
wichen war, so neigte sie jetzt nach Osten. Am 26. Juni erreichten wir
nach siebenstündiger Wanderung die Brunnen von Kufe. Diese liegen
im Schatten mächtiger Haräzas, deren Wtpfel zahlreiche Reihernester
trugen, und schienen seit Jahren versandet. Da ihre Umgebung als Lieb-
lingsaufenthalt der Löwen berüchtigt ist, so nächtigten wir fern von ihnen.
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