Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Geographisches Quellenlesebuch der außereuropäischen Erdteile - S. 236

1913 - München : Seybold
kurze Weile sind die Wilden wie erstarrt, aber bald kommen sie zu sich. Sie begreifen, daß Tod und Vernichtung in den Flammenrohren der Fremden lauert, und noch schneller, als sie uns angegriffen, suchen sie ihr Heil in der Flucht, und die Verfolgten werden jetzt die Verfolger. Mein Blut kocht, und wilder Haß gegen die scheußlichen menschlichen Aasgeier, die dieses Land bewohnen, übermannt mich. Ich verfolge sie stromaufwärts bis zu ihren Dörfern und treibe sie Hals über Kopf in die Wälder hinein, verwüste ihre Elfenbeintempel und lege in fliegender Hast Feuer an ihre Hütten. Dann versenke ich ihre Kanus in der Mitte des Stromes. Wir haben fast die Besinnung verloren und sehen in jedem menschen- ähnlichen Wesen gleich gehetztem Wild einen Verfolger. Fast sind wir noch im Herzen des dunklen Erdteils und doch schon beinahe auf- gerieben; jeder Tag kostet uns zwei oder drei Leute. Die Stunde voll- ständiger Erschöpfung, wo wir uns wie Lämmer von den Kannibalen werden hinschlachten lassen, steht nahe bevor. Aber Erlösung und Buhe kommt. Der letzte große Zufluß hat die Breite des Lualaba auf vier Meilen erweitert. Wir stoßen auf eine Reihe von Inseln, die sich in- mitten des Stromes befinden, alle mehr oder weniger langgestreckt und zusammenhängend, und zwischen ihnen teilt sich der Lualaba in Kanäle. Wir verlassen das Hauptufer und verbergen uns in diesen Kanälen und sind vorläufig in Sicherheit. ,,Allah“, rufe ich meinen fast schon verzweifelten Leuten zu, „hat uns diesen Zufluchtsort beschert. Bismillah, ihr Männer, und dann vorwärts! “ Aber am zweiten oder dritten Tag fließen die Kanäle diagonal und bringen uns den Wilden am Festland wieder zu Gesicht. Mit Trommel- getöse und Hörnerklang kommen sie auf uns zu, offenbar gar nicht daran denkend, daß wir unser Leben so teuer wie möglich verkaufen werden. Die blödsinnigen Zauber und absurden Fetische verleihen ihnen Unverwundbarkeit — bilden sie sich ein. Sie greifen uns mit einer Un- verfrorenheit an, die zu sagen scheint: „Es hat keinen Zweck für euch, sich zu wehren; ihr könnt eurem Schicksal nicht entgehen. Menschen- fleisch! Heute werden wir Menschenfleisch haben.“ Dann stürzen sie mit der blinden Wut des Krokodils auf ihre vermeintliche Beute zu und halten sich in ihrer Raserei für unbesiegbar. Und was geschieht? Ich antworte ihnen mit dem Mut der Verzweiflung 236
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer