1913 -
München
: Seybold
- Autor: Murawski, Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
gegenseitige Unterstützung die zähen Tiere mürbe zu machen, sie auf
allen möglichen Umwegen in die Nähe der Koppel zu zwängen und sie
schließlich mit einem Anlauf durch das mit trichterähnlichen Flügeln
versehene Tor in ihr Gefängnis hineinzuwerfen, wo sie zitternd und
schnaubend den Boden scharren und mit gesträubter Mähne und ausge-
strecktem Halse die ungewohnten Zaunpfähle beschnuppern.
Und dann kommt die Arbeit des „Brechens“. Eins der Tiere wird
abgesondert und in eine benachbarte Koppel getrieben und lassiert.
Dann wird es mit einer langen Stange gekitzelt und bestrichen, bis es zu
müde ist, um noch zu reagieren. Wutschreiend stürzt es sich auf den
Brecher los, so oft der sich zu nähern wagt; aber mit einem geschickten
Wurfe hat er die Lose des Lassos um eine Hinterfessel gewunden und
das Ende an der Schleife um den Hals befestigt. Nun ist es mit dem
Keilen und Bäumen zu Ende, denn jede Bewegung zieht die Halsschlinge
zusammen oder bringt das erstaunte Tier zu Fall.
Wenn sich der Brumby etwas beruhigt hat, wird er gesattelt, gezäumt,
und dann schwingt sich der Brecher auf seinen Rücken. Bocken kann
er nicht, da er den Fessel-Lasso an hat. Aber beißen tut er, und sich
hinwerfen und wälzen, bis er sich schließlich gänzlich erschöpft ergeben
muß. Nun wird der Rohhautstrick abgenommen, das Tor geöffnet, und
hinaus geht es in den Busch. Die freie Welt umher reizt ihn, noch ein-
mal sich gegen seinen Zähmer aufzulehnen. Aber es ist umsonst, und
nach einem langen Galopp über die Ebene kehrt er schaumbedeckt zurück,
dem Zügel gehorsam. Das meuterische Licht in seinen Augen ist er-
loschen.
Am nächsten Morgen wiederholt sich das Verfahren. Aber das
Schlimmste ist vorüber, und nach einigen Tagen wird er unter „Ge-
brochene Pferde“ in das Zuchtbuch der Station eingetragen. Gebrandet
ist er schon als Jährling worden.
Pferde brandet man gewöhnlich nur einmal; aber Vieh, besonders
wertvolle Zuchtbullen, werden nach Verkauf an eine andere Station wieder
mit der Marke des neuen Besitzers versehen. Und wenn ein solcher Be-
sitzwechsel mehrere Male eintritt, so kann man dem Neuling schon ver-
zeihen, der höchst erregt eines Tages nach Hause kam und von einem
außerordentlichen Tiere berichtete, das mit längeren lateinischen In-
schriften versehen die Umgegend unsicher mache.
Der Wert der Felle wird durch das Feuerbranden bedeutend beeinträch-
tigt, und australische Squatter verlieren jährlich mehrere Millionen
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