1913 -
München
: Seybold
- Autor: Murawski, Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
machten sie sich eben doch los — nämlich die von ihnen, die dazu
geneigt waren.
Als alles in Ordnung war, brachen wir auf. Nach der Erfahrung von
gestern setzten wir unter die mit Neusilber beschlagenen Schlittenkufen
wieder hölzerne, weil bei der scharfen Kälte die Schlitten auf Holzkufen
viel besser liefen. Das beste, was man in dieser Beziehung lun kann,
ist, wie es die Eskimos machen, die Kufen einen feinen Eisüberzug be-
kommen. zu lassen; dann gleiten sie wie geschmiert dahin. Aber darin
hatten wir noch keine Erfahrung. Das Distanzrad war auf dem Hunde-
schlitten angebracht; es war ein altes Rad von der zweiten Framexpedi-
tion, aber noch in vortrefflichem Zustande. Trotz aller unserer An-
strengungen schien aber das Rad stillzustehen — so langsam kamen wir
vorwärts. Was unsere Anstrengungen noch vermehrte, war ein feiner,
scharfer Gegenwind, der einem die unbedeckten Teile des Gesichts zer-
riß. Beständig mußte einer des andern Gesicht betrachten, und da fanden
wir gewöhnlich bald eine weiße Nase, bald eine erfrorene Wange. Dann
taten wir, was die Eskimo tun: wir zogen eine warme Hand aus dem
Fausthandschuh und legten sie auf die erfrorene Stelle, bis das Blut
wieder zirkulierte. Das alte Hausmittel: die betreffende Stelle mit
Schnee einzureiben, hatte ich längst verworfen — und die Eskimos wuß-
ten auch nichts davon.
Während der schlechte leichte Wind und die minus fünfzig Grad Celsius
uns wie Nadeln oder Peitschenhiebe trafen, schienen die Hunde gar nicht
darunter zu leiden. Aber die armen Tiere plagten sich erbärmlich,
besonders während der ersten Morgenstunden, wo sie noch steif vom
vorhergehenden Tag waren. Auch wir Menschen zogen schwerfällig.
Und ich erkannte, daß wir bei dieser Art zu reisen sehr wenig gewinnen
würden. Da weder am zweiten noch am dritten Tag in der Temperatur
irgendeine Veränderung eintrat, beschloß ich nach Rücksprache mit
meinen Kameraden einfach umzukehren und milderes Wetter abzuwarten.
Am Morgen des dritten Tages legten wir daher einen Teil unserer Vor-
räte als Depot in die Schneehütte und mauerten das Loch zu. Die Tage
der Hütte wurde genau aufgenommen, eine Flagge oben daraufgesteckt
und das Ganze photographiert. Nun richteten wir unseren Kurs auf den
Gjöahafen zurück. Die Hunde merkten bald, in welcher Richtung es jetzt
vorwärts ging — und auch wir Menschen fühlten uns alle sehr erleichtert,
daß unsere nutzlosen Miihsale aufgegeben waren. Und siehe da! der Heg,
zu dem wir zwei und einen halben Tag gebraucht hatten, das heißt zehn
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