1902 -
Halle a.d.S.
: Buchh. des Waisenhauses
- Autor: Brettschneider, Harry
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): Evangelisch-Reformiert
118
Vierte Periode. Von 1273—1517.
Das ist auch der Fall bei Reuchlin und Erasmus, neben
Hutten den bedeutendsten deutschen Humanisten. Johann
Reuchlins1 Hauptverdienst ist die Begründung des Studiums des
Hebräischen. Seine Kenntnis dieser Sprache verwickelte ihn in eine
heftige Fehde mit dem jüdischen Renegaten Johann Pfefferkorn und
dessen Schützern, den Dominikanern von Köln, der damaligen Hoch-
burg der Scholastik, (der Prior war Jakob von Hochstraten) über
die Judenbücher (1511). Dieser Streit ergriff die ganze litterarische
Welt und veranlafste auch die wirksame Satire der Epistolae ob-
scurorum virorum (1515 —17), ein Werk der Erfurter und
Huttens, das Gegenbild zu Reuchlins Epistolae clarorum virorum.
Desiderius Erasmus1 2 überragte alle Zeitgenossen durch die
Feinheit seines Geistes und seines Stils. Als Philologe, Pädagoge
und Theologe bekämpfte er den Formalismus und Buchstaben-
glauben. Von seinen Werken wurden am wirkungsvollsten, in
verschiedener Weise, die Herausgabe des griechischen Textes des
Nt.s und die Satire Morias enkomion i. e. Laus stultitiae (Lob
der Narrheit).
Ulrich von Hutten3, ein Ritter in seinem ganzen Wesen,
von heftiger Leidenschaftlichkeit und grofser Sprachmächtigkeit und
voll glühender Vaterlandsliebe, erhob die schärfsten Angriffe gegen
das Papsttum, das die deutsche Nation aussauge und mifshandele.
Auch in Deutschland erfolgte neben dem Aufblühen der huma-
nistischen Wissenschaften ein Aufschwung der Kunst, besonders
1) Geb. in Pforzheim, gebildet in Freiburg, Paris, Basel, Tübingen,
Italien, lebte meistens in Württemberg], Vertrauter des Herzogs Eberhard im
Bart, eine Zeit lang Beisitzer am Hofgericht, f 1522.
2) Geb. in Rotterdam, nach trüber Jugend in Deventer gebildet, schied
aus dem ihm verhafsten Klosterleben, auf Reisen in Frankreich, England,
Italien, seit 1513 in Basel, f 1536.
3) Geb. 1488 auf Burg Steckelberg bei Fulda, entsprang dem Kloster,
führte ein unstätes Wanderleben von einer Universität zur andern („alter
Ulixes“), that Kriegsdienste in Italien, wurde zuerst (bekannt durch seine
„Reden“ gegen Hz. Ulrich von Württemberg, der seinen Stallmeister Hans
Hutten, Ulrichs Vetter, ermordet hatte, trat, 1517 in Augsburg zum Dichter
gekrönt, in den Dienst des Kurf. Albrecht von Mainz. Bezeichnend für ihn
ist sein Wort an Pirckheimer (1518): „0 Jahrhundert! 0 Wissenschaften! Es
ist eine Freude zu leben: die Studien blühen, die Geister regen sich.“