1847 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Gymnasium, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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Das christliche Mittelalter.
oder Besoldung für Dienstleistungen sowohl im Heer als bei der Hofhal-
tung, und konnte wenn der Besitzer starb oder seiner Verpflichtung nicht
nachkam, demselben wieder entzogen werden. Ans gleiche Weise belehnten
reiche Freie andere minder Begüterte mit Theilen ihres Eigenthums, ja
sogar ihrer Lehen (A ft er l c h c nt, und gewannen sich dadurch ebenfalls
Lehnsleute oder Vasallen. 5iuct) Bischöfe und Aebte, die für ihre zeit-
lichen Besitzungen zu den Landesherren im Lehnsvcrhältniß standen, vergaben
Lehen an Ritter unter der Verpflichtung, das Kloster zu schütze,: und für das-
selbe den schuldigen Herrbann zu leisten (Schirmherren, Kastvögte). Diese auf
gegenseitige Treue gegründeten Verhältnisse wurden allinählig so allge-
mein, daß die Zahl der freien Gutsbesitzer sehr vermindert wurde und zuletzt
nur die reichen Freiherren (Barone) umfaßte, die zwischen dem hohen
Adel der Krön- oder Rcichsvasallcn (Herzoge und G r a fe n) und
dem niederen Atel der kleineren Vasallen (die neben ihrem Eigen-
thum noch Güter von jenen oder von der Kirche zu Lehn trugen, in der
Mitte standen. Die Freien von kleinem Allcd dagegen kamen mit der
Zeit alle in Abhängigkeit, theils freiwillig, um sich dem lästigen Heerbann
zu entziehen, theils gezwungen durch Druck oder Verarmung. Sie traten
in das Verhältniß der Hörigkeit, indem sic die Hintersassen reicherer
Gutsbesitzer wurden und ihr früheres Eigenthum fortan im Erbpacht bc-
bauten. Sehr groß war auch noch die Zahl der Leibeigenen, die als
Eigenthum des Guts angesebn wurden und als rechtlose Knechte
der Willkür ihrer Herren anheimgegeben tvarcn. Diese Verhältnisse erfuh-
ren unter den schwachen Nachkommen Karls des Großen mancherlei Stö-
rungen, worunter die folgenreichste die von den Edelleuten ertrotzte Erb-
lichkeit ihrer Lchnsgütcr war. Seitdem standen gewaltige Reichs-
Vasallen den Königen als Gleiche gegenüber, lind wenn sich mehre von
ihnen verbanden, konnten sie dem Rcichsobcrhaupt ungestraft Trotz bieten.
Ii. Normannen und Dänen.
1. England.
§. 258. Die Bewohner der Halbinsel Scandinavien gehören
dem germanischen Volksstamm an, mit dem sie den ungestümen Frei-
heitsdrang, Thatenlust und Wanderungstrieb, so wie Sprache, Runen-
schrift, Religion und Sitten gemein hatten. In H el d en l i e de rn und
Sagen priesen ihre Sanger(S k a ld en) die Großthaten der Altvordern*).
Wilde Kampfe und Raubzüge füllen die älteste Geschichte Scandina-
viens, das sich erst spater in die drei unabhängigen Staaten Däne-
mark, Norwegen und Schweden schied. Unter dem Namen Nor-
mannen suchten sie die Küsten der Nordsee heim (§. 252); als Dä-
nen waren sie im 9. und 10. Jahrhundert die Geißel Englands, dem
sie einen schweren Tribut (Danegeld) abtrotzten. Hier plünderten sie
unter Egberts (§. 224) schwachen Nachfolgern die Küsten und