1847 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Gymnasium, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Die Uebermacht der Kirche im Zeitalter der Kreuzzüge. 199
fen rief, und seine feurige Rede mit der Ermahnung schloß: ,,daß Je-
der sich selbst verläugne und sein Kreuz auf sich nehme, damit er
Christum gewinne," so ertönte aus allen Kehlen der Ruf: ,,Gott will
es!" und Tausende knieten nieder und begehrten sogleich in die Zahl
der heiligen Streiter aufgenommen zu werden. Sie hefteten sich ein
rothes Kreuz auf die rechte Schulter, woher die zum gemeinsamen Un-
ternehmen zusammengetretene neue Verbrüderung den Namen Kreuz-
fahrer erhielt. Völliger Ablaß der Sünden und ewiger Lohn im
Himmel wurde den Ziehenden verheißen.
§. 275. Eine mächtige Begeisterung erfaßte alle Gemüther; kein
Stand, kein Alter, kein Geschlecht wollte zurückbleiben; der Landmann
eilte vom Pflug weg, der Hirte von seiner Heerde, Ehegatten trennten
sich, Eltern verließen ihre Kinder, Greise, Knaben und Weiber folgten
dem Ungestüm der Bewegung, Mönche und Nonnen entliefen ihren
Zellen; ein neuer Geist war über Europa gekommen, eine neue Völ-
kerwanderung brach aus, nur mit verschiedenem Streben und mit geän-
derter Richtung; wo die religiöse Begeisterung nicht mächtig genug
wirkte, da half Lust zu Abenteuern und Ritterthaten, oder Hoffnung
auf Kronen, Herrschaften und Schätze. Die Rüstungen der Fürsten
und Edlen dauerten den Aufgeregten zu lange, daher zogen schon mit
dem Beginn des Frühlings ungeordnete und schlecht bewehrte Schaa-
ren, unter der Leitung Peters von Amiens und eines französischen
Ritters, Walther ohne Habe, durch Deutschland und Ungarn gen
Konstantinopel. Als man ihnen in Bulgarien die Lebensmittel ver-
weigerte, erstürmten sie Belgrad und füllten das Land mit Raub und
Mord. Da sielen die Einwohner über sie her und erschlugen sie zu
Tausenden. Die Uebrigen mit den Führern erreichten Konstantinopel,
wurden nach Klein-Asien übergesetzt, fanden aber dort bis auf Wenige
ihren Untergang durch die Seldschucken. Nicht besser erging es den
ungeordneten Schaaren, die nach einer blutigen Judenverfolgung
in den rheinischen Städten (Straßburg, Worms, Mainz u. a.) unter
der Leitung des Priesters Gottschalk und des Grafen Emiko von
Leiningen ausgezogen waren.
§. 276. Hunderttausend Menschen waren bereits umgekommen,
als der hochsinnige Gottfried von Bouillon, Herzog von Lothringen,
mit seinen Brüdern (Balduin und Eustathius) und einer großen
Zahl wohlgerüsteter Ritter (darunter der tapfere Graf Robert von
Flandern) auf demselben Wege gen Konstantinopel zog, indeß Graf
Hugo von Vermandois, der Bruder des Königs von Frankreich,
und der normännische Fürst Boemund aus Unteritalien (§.261) mit seinem
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