1847 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Gymnasium, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Die Begründung der neuen Zustände unter Karl V. 343
der römischen Kirche trennte. Er zog an der Spitze der ganzen Stu. m D«.
dentenschaft vor das Elsterthor von Wittenberg und warf dort, zur
Vergeltung der Verbrennung seiner Schriften, die Bannbulle nebst
dem kanonischen Rechtsbuche in die Flammen.
') Darin wird dem Klerus die höhere Weihe abgesprochen; alle Christen seien
Priester, die Priesterschaft nur eine Amtsführung, folglich die Geistlichkeit der welt-
lichen Obrigkeit unterworfen; das Papstthum solle in die gehörigen Schranken ge-
wiesen, und seiner weltlichen Macht entkleidet werden, Deutschland einen Primas
erhalten, vor dessen Gericht die Appellationen von den Bischöfen in höchster Instanz,
aber nicht nach canonischem Recht, entschieden würden, die gezwungene Ehelosigkeit
(Cölibat) der Geistlichen solle abgestellt, der Iugendunterricht verbessert, die Zahl
der Klöster beschränkt, der knechtische Eid der Bischöfe abgestellt werden u. dgl.
«0 Der Reichstag zu Worms (April 1521).
§. 423. Als im Anfang des Jahres 1521 der junge Karl V.,
mit der schwächlichen Gestalt und dem melancholischen Ausdruck auf
dem blassen Gesichte, nach seiner Krönung in Aachen den Rhein her-
aufzog, ergingen von Hutten, Sickin gen u. a. Vorkämpfern na-
tionaler Freiheit warme Mahnungen an ihn, sich an die Spitze der
Bewegung zu stellen und die Gründung einer deutschen Nationalkirche
zu befördern. Aber Karl verstand weder die Sprache noch die Natur des
Volks, dessen Herrscherkrone er trug. Seine eigene Ueberzeugung und die
Ueberredungskunst des päpstlichen Botschafters Ale an der machten ihn
von vorn herein zum Gegner der Reformation. Als nun in Worms
das Reichsregiment geordnet, das Kammergericht verbessert und die
östreichischen Lande dem jüngern Bruder Ferdinand übertragen wor-
den, ging man an die Prüfung der kirchlichen Zustande und entbot
Luthern unter Zustellung eines kaiserlichen Geleitsbriefes vor die Versamm-
lung. Nicht ohne Befürchtung das Schicksal von Huß zu erfahren,
aber voll Gottvertrauen und Muth langte Luther unter dem Zuströmen
einer theilnehmenden Volksmenge in Worms an. Der glänzende Reichs-
tag, auf dem außer dem Kaiser und dem Nuntius viele Fürsten, Her-
ren, Prälaten und städtische Abgeordnete zugegen waren, machte ihn
anfangs befangen. Zum Widerruf aufgefordert bat er sich Bedenkzeit
bis zum folgenden Tag aus. Bei dem zweiten Auftreten hatte er aber
seine ganze Kraft und Entschlossenheit wieder. Die erwartungsvolle
Theilnahme der zahlreichen Versammlung belebte ihn. Frei und offen
bekannte er sich als Verfasser der Schriften, die man ihm vor-
zeigte, wies die Aufforderung zum Widerruf mit den Worten zurück,
„so lange man ihn nicht mit Sprüchen der heiligen Schrift überführe,