1847 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Gymnasium, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Die Reformationsversuche der Regenten und Minister. 625
sein Oheim. Die lästige Regie wurde aufgehoben, die stanz. Beamten erhiel-
ten ihre Entlassung, das Heer - und Stenerwescn wurde auf eine den gemeinen
Mann minder drückende Weise umgewandelt; auch Landwirthschaft, Gewerbe-
wesen und Handel fanden Aufmunterung und der Verkehr durch Anlegung von
Kunststraßen Erleichterung. Aber durch verkehrte Politik nach Außen, durch
ein unsittliches Hofleben und durch Beschränkung der Geistcsfreiheit im
Innern verlor der preuß. Staat die hohe Würde und freie Haltung, die
ihm Friedrich verliehen. Der Minister Herzberg, ein Anhänger des
Systems vom pclit. Gleichgewicht, beredete den König zu einem zwecklosen
Bunde mit der Pforte, um Oestreich und Rußland abzuhalten ihre Grän-
zen gegen die Türkei auszudehnen; dies nöthigte Preußen zu einer krie-
gerischen Haltung, wodurch nicht nur die Ersparnisse Friedrichs nutzlos
verschwendet, sondern dem Staat noch eine Staatsschuld aufgebürdet wurde.
— Um den kirchen - feindlichen Bestrebungen, die unter Friedrichs Ii. Schutz
in Preußen Eingang gefunden, entgegenzrltreten und zugleich die deukgläu-
bige (rationalistische) Richtung, die durch Nicolai und seine Gesinuungs-
genossen in der deutschen Literatur Boden gewonnen, zu unterdrücken, erließ
Friedrich Wilhelm Ii. auf den Rath des pietistifchen Wöllner das be-
rühmte Religions-Edikt, welches den Geistlichen bei Strafe der Ab-
setzung jede Abweichung vom kirchlichen (durch die symbolischen Bücher
sixirten) Lehrbegriss verbot und die Anstcllbarkeit der Prediger und Lehrer
von einer Prüfung ihrer Rcchtgläubigkeit abhängig machte. Diese Be-
schränkung der Lehr- und Glaubens-Freiheit erregte heftigen Widerspruch,
der durch die geschärfte Censurverorduung nicht beschwichtigt wurde.
Durch die Erwerbung der fränk. F irrst en t h ü m e r Bayreuth und
Anspach (womit auch der rothe Adlerorden air Preußen überging) und
durch Polens Theilung nahm unter ihm der preuß. Staat an Umfang
und Menschenzahl zu; das rasche Kricgsglück in Hollaird (§- 645) er-
füllte die preuß. Armee mit einem in der Folge unheilvollen Selbstgefühl.
4) Rußland unter Katharina Ii. (1762—1796) und Polens Unfälle.
a) Das Innere.
§. 659. Katharina Ii. saß auf einem blutbefleckten Thron, der ihr
nicht gebührte. Dies führte Einige auf den Gedanken, sie davon zu ver-
drängen. Der erste Versuch kostete dem unglücklichen Iwan Iii. (§.618),
der statt des Throns, zu dem er in der Jugend bestimmt gewesen, einen
Kerker gefunden hatte, das Leben. Zehn Jahre später empörte sich Pu- I7üi.
g ätsche ff, ein donischer Kofacke, der einige Aehnlichkeit mit Peter Iii.
hatte und sich für diesen ausgab. Unterstützt von der Geistlichkeit und
den altgläubigen, über die Abänderung einiger Kirchengebräuche erbitterten
Russen sammelte er große Schaaren von Kosacken und leibeigenen
Bauern, denen er Befreiung von dem Joche der Grundherren verhieß,
um sich und zog mordend und verheerend in den Wolgagegenden umher.
Er bemächtigte sich der Stadt Kasan, ließ Münzen prägen mit dein
Bildnisse Peters Iii. und richtete bereits seinen Lauf gen Moskau, wo
er eines großen Anhangs gewärtig sein konnte, als es den russischen Heer-
Weber, Geschichte. » /q