1855 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Kiesel, Karl
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Das römische Reich unter den Imperatoren.
erscheinen lassen, gehören die Bauwerke, mit welchen Trajan und Ha-
drian Rom geschmückt und durch welche sie nicht bloß in der Baukunst,
sondern auch in der Bildnerei ein reges Leben geweckt haben. Das
Trajanische Forum, in dessen Mitte die in ihren Bildwerken des Im-
perators Thaten darstellende Trajanussäule steht, und die Moles des
Hadrianus, zu seinem Grabmale bestimmt, sind würdige Denkmäler
von Beherrschern des römischen Reiches und gehören mit zu den reden-
den Zeugnissen, welche der römische Staat in der Zeit der Imperatoren
von seinem nach Außen hin mächtigen Dasein hinterließ.
14. Während so das römische Reich fortwährend eine Pracht, mit
der es inneren Verfall nothdürftig verhüllte, zu entfalten beflissen war,
glaubte es gegen das in der Stille fortschreitende Christenthum die Waf-
fen nicht niederlegen zu dürfen. Waren bisher die Christen nur von
Verworfenen unter den Imperatoren, von Nero und Domitian, verfolgt
worden, so hatten sie von Trajanus und Aurelius ein Gleiches zu er-
dulden, da solche Maßregeln denselben zu dem Bemühen für Herstellung
und Erhaltung des Reiches zu gehören schienen. Zwar erließ Traja-
nus keine besonderen Befehle gegen die Christen, aber sie wurden von
den Verordnungen, die er gegen Genossenschaften oder Hetärieen gab,
betroffen und die Stimmung der heidnischen Bevölkerung riß die Obrig-
keiten zu feindlichem Verfahren fort. Dies ergibt sich aus einem Brief-
wechsel, welchen Trajanus mit dem jüngern Plinius als dem Statthalter
von Bithynien führte und in welchem dieser auf seine Frage nach der Be-
handlung der Angelegenheit den Auftrag erhält, die Christen nicht auf-
znsuchen, unter den Angeklagten aber denjenigen, welche Christus ver-
läugneten, zu verzeihen und die Beharrenden zu bestrafen. Hierdurch
wurde die Hinrichtung der Bestraften um so entschiedener zu einem
Zeugnisse ihres Glaubens, aber ihr Tod, den sie meistens von wilden
Thieren in den Amphitheatern vor den Augen eines wild zujauchzenden
Pöbels erlitten, half ebenso entschieden die Götter des Heidenthums
stürzen. Denn daß die Christen zu einer Zeit, wo sie schon über alle
Theile des römischen Reiches verbreitet waren, sich auch durch die bru-
talste Gewaltthätigkeit nicht zu thätlichem Widerstande verleiten ließen,
bewies den Heiden mehr, als jede Erörterung es gekonnt hätte, wie
sie in ihrem Glauben ein Gut besaßen, zu dessen Wirkungen die größ-
ten Thaten des Heidenthums nicht hinanreichten. Welcher Grimm unter
Hadrian und Antonin gegen die Christen forttobte, zeigt sich daran,
daß beide zu Gunsten eines geregelten Verfahrens einschritten. Die Größe
des gegen die Christen gerichteten Hasses verräth sich in dem Eifer, mit
welchem sie gerade unter Aurelius, besonders in Kleinasien und in den
gallischen Städten Lugdunum und Vienna, verfolgt wurden. Auch der
philosophische Herrscher konnte, da seine Philosophie ganz in heidnischem