1855 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Kiesel, Karl
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
Die Araber bis zu Ende des achten Jahrhunderts und die Westgothen. 127
ihm streitig zu machen. Dem oströmischen Reiche gegenüber scheiterten
die Angriffe Soleiman's an dem durch Leo den Jsaurer vertheidigten
Conftantinopel und spätere Angriffe hatten gleiches Schicksal. Zm äußer-
sten Westen war man an der Grenze des fränkischen Reiches angelangt,
das eben damals zum Widerstande um so eher befähigt war, als das
entfernte Spanien bald seinen Zusammenhang mit dem Kalifate so sehr
lockerte, daß nur die dort vorhandenen Kräfte zum Versuche weiteren
Vordringens aufgeboten werden konnten. Unter den folgenden Kalifen
schwächte sich in immer wiederholten Thronstreitigkeiten die Kraft, welche
das Reich zu einer nachdrücklichen Wirkung nach allen Seiten hätte be-
fähigen müssen. Das Reich ging den Gefahren entgegen, denen eine
in rascher Folge über so große Strecken ausgedehnte Macht sich nicht ent-
ziehen kann. Die Fortdauer der Spaltung, welche sich zur Zeit der
Erhebung der Omajaden gezeigt hatte, bewirkte auch deren Sturz. Zwar
war Ali's Nachkommenschaft ausgestorben, aber die Pgrtei, welche die
Omajaden als Eindringlinge ansah und ihnen den Charakter von Nach-
folgern des Propheten und religiösen Oberhäuptern des Reiches nicht
zugestand, hatte einen neuen Mittelpunkt in der Familie der Abbasiden
gefunden, die sich von Mohammed's Oheim Al Abbas herleitete und
ihre Ansprüche auf das Kalifat durch die Behauptung unterstützte, daß
Ali's Enkel die seinigen ihr abgetreten habe. Die Bewegung ging von
Persien aus und der Krieg, der unter der Negierung Mervan's Ii.,
des vierzehnten Omajaden, ausbrach, entschied sich zu Gunsten der Abba-
siden, deren Feldzeichen eine schwarze Fahne war, im Jahre 750. Schon
bei Mervan's Thronbesteigung ward der Versuch gemacht, Al Abbas'
Urenkel Mohammed in Korasan, welches Theile von Hyrkanien, Par-
thien, Baktrien und Aria begriff, zum Kalifen zu erheben. Noch wurde
der Aufstand verhindert. Als aber Mervan im Jahre 748 den Sohn
Mohammed's, Ibrahim, um sich seiner zu entledigen, auf der Pilger-
reise ergreifen ließ, loderte überall die Flamme der Empörung auf. Jb-
rahim's Bruder Abul Abbas ward in Kufa zum Kalifen ausgerufen
und sein Oheim Abdallah siegte über Mervan am Flusse Zab, worauf
er Syrien eroberte. Der Kalif flüchtete nach Aegypten, wo er den Tod
fand. Die Familie wurde durch die Abbasiden mit einem Grimme ver-
tilgt, wie ihn nur je die alte Stammesfeindschaft zur Zeit des arabi-
schen Nomadenlebens gezeigt haben mochte. Am grausamsten ließ Ab-
dallah die Angehörigen des Geschlechts in und um Damaskus würgen,
wo er ihrer neunzig durch das trügerische Versprechen der Schonung
versammelt hatte. Ein einziger Sprößling des Hauses, Abderrahman
Ben Moawijah, Enkel des zehnten Omajadischen Kalifen Hescham, ent-
kam über Aegypten und Barka zu den Berbern und legte in Spanien
den Grund zu einem neuen arabischen, von dem Kalifate unabhängigen