1855 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Kiesel, Karl
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
138 Das fränkische Reich bis auf Karl den Großen.
in Niederburgund an der Saucona und der untern Rhone und einen
Patricius in Hochburgund, dem Lande in den Iura- und Alpengegen-
den, verwaltet, und bildete in der Folge neben Austrafien und Neustrien
einen dritten Theil des Frankenreiches, bald unter eigenen Königen aus
der merowiugischeu Familie stehend, bald zu einem der beiden andern
Theile geschlagen.
5. Während das Reich sich so vergrößerte, begannen auch die
Kämpfe der Herrscher gegeneinander, die das Land mit Gewaltthaten
erfüllten und ebenso sehr das Abbild der eingetreteuen Entartung sind,
als sie durch Anfachung von Parteigeist, durch Entzündung der Leiden-
schaften und durch verführendes Beispiel dieselbe förderten. Nach Chlode-
mir's Tode mordete Chlotar dessen beide unmündige Söhne und theilte
das Erbe mit Childebert, dem Gehülfeu seiner Thal. Ein gleicher An-
schlag, den beide nach Theodorichs Tode im Jahre 534 aus Austrafien
machten, scheiterte an der Treue, mit welcher die Vornehmen dieses
Reiches zu Theodebert hielten. Als aber Theodebald im Jahre 555
gestorben war, kam Chlotar in den Besitz Austrasiens, und der Tod
Childeberts, der keine Kinder hinterließ, machte ihn für den Nest seines
Lebens (558 — 561) zum alleinigen Beherrscher des fränkischen Reiches.
Mit seiner Herrschaft über Austrasien beginnt eine Reihe von Kriegen
gegen die Sachsen, die sich von nun an durch drittehalb Jahrhunderte
hindurchziehen und in ihrer langen Dauer eine tiefe Feindschaft zwischen
Franken und Sachsen begründen. Nach Chlotars Tode theilt sich das
Reich wieder, da gegen Chilperich, der des Vaters alleiniger Nachfolger
zu werden und sich in Parisii festzusetzen sucht, seine drei Brüder auf-
treteu und eine Theilung erzwingen. Als Herrschersitze der vier Fürsten
Charibert, Guntram, Siegbert, Chilperich erscheinen wieder die Städte
Parisii, Aurelianum, Mettis, Stadt der Suessionen. Die Theilung muß,
da jetzt Burgund mit in Betracht kam, von der ersten verschieden gewe-
sen sein und, da sich inzwischen das Lehensverhältniß mehr ausgebildet
hatte und die Lehensträger seßhafter geworden waren, mehr als die erste,
die zunächst eine Theilung des Königthums gewesen, zugleich sich auf
die Länder bezogen haben, wenn gleich ein Dnrcheinaudergreifen der
Gebiete auch jetzt noch unvermeidlich war. In Aquitanien durchkreuzten
sich die Gebiete der Brüder, wodurch die Neigung der Bewohner, sich
der fränkischen Herrschaft allmälig zu entziehen, Vorschub erhielt. Bur-
gund dagegen stand unter Guntram, der an Neustrien wenig Antheil
gehabt haben muß. Als Charibert kinderlos starb, näherte sich die Ge-
staltung der Gebietsverhältnisse einer Sonderung der drei Reiche Au-
strasien, Neustricn und Burgund.
6. Von den drei Reichen hatte das austrasische die größte Aus-
dehnung und den losesten Zusammenhang. Es fiel daher seinen Regenten