Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Fünfzehn Jahrhunderte - S. 175

1855 - Freiburg im Breisgau : Herder
Das Karolingische Reich. 175 Zwist in dem Herrscherhause hatte, wie er ein Abbild des im Reiche herrschenden Zustandes ist, denselben auch fortwährend verschlimmert. Die immer wiederkehrende Aufregung von Leidenschaften mußte in den Ländern, wo das Christenthum theils noch so jung war, theils die der Entfaltung seiner Wirksamkeit entgegenstehenden Hindernisse erst jüngst überwunden hatte, sittliches Verderbniß erzeugen. Wie die aus dem Heidenthum hervorgegangenen Merowinger sich durch die aus dem Hei- denthum mitgebrachte Wildheit, durch Mißbrauch roher Kraft entnervt hatten, verzehrte sich die im Chrisienthume erwachsene Kraft der Karo- linger in einem Spiel wilder Triebe, die sich der Zügelung durch das Christenthum entzogen. Das Christenthum hat einen fortwährenden Kampf zu bestehen, nicht allein um sich bei den Völkern zur Anerken- nung zu bringen, sondern auch um die Menschen zur Regelung ihres Lebens nach seinem Gesetze zu vermögen. Lothar, dem der sterbende Kaiser seine Krone und sein Schwert mit der Mahnung, seinen Bruder Karl zu beschützen, zugesandt hatte, nahm kraft seiner kaiserlichen Würde die Alleinherrschaft in Anspruch und nöthigte dadurch Ludwig und Karl, sich mit einander zu verbinden. Seine Ansprüche waren so wenig durch Fähigkeiten als durch Gesinnung unterstützt. Es gelang ihm, in dem Reiche Karls viele Lehensträger auf seine Seite zu ziehen, während Ludwig, wie er schon in dem letzten Kriege gegen den Vater begonnen, sich der ostfränkischen Länder versicherte. Lothar wurde von der verein- ten Macht seiner Brüder im Jahre 841 blutig, obgleich nicht entschei- dend, bei Fontauetum im Gau vou Autissiodorum an der Jcauna ge- schlagen. Er zog sich hierauf nach Aachen, setzte den Krieg gegen die Brüder, die sich wieder vereinzelt hatten, in einer Menge kleiner Unter- nehmungen fort, begünstigte den Widerstand der Aquitanier gegen Karl und suchte gegen Ludwig die Sachsen aufzuwiegeln, wo er nicht allein das Widerstreben des Volkes gegen das von seinem Großvater begrün- dete Herrenthum begünstigte, sondern sogar die Wiedereinführung des Heidenthums als Preis der Unterstützung bot. Die beiden Brüder ver- einigten sich darauf wieder zu Straßburg im Jahre 842 und schwuren Angesichts ihrer Heere, sich wechselseitig zu unterstützen und nicht einseitig mit Lothar zu unterhandeln, worauf jedes der beiden Heere schwur, seinem Könige, wenn er den Eid breche und der andere ihn halte, nicht beizustehen. Bei dieser Gelegenheit zeigt sich, wie weit der Unterschied der Nationalitäten unter den streitenden Parteien schon ausgebildet war. Denn jeder der beiden Könige schwur in der Sprache, die das Heer des andern verstand, Ludwig in romanischer und Karl in deutscher, wor- auf das Heer des erstern in deutscher, das Heer des letztern in romani- scher Sprache seinen Eid leistet. Die Brüder rückten nun den Rhein hinunter und Lothar floh vor ihnen von Aachen aus nach Süden, um
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer