1855 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Kiesel, Karl
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
Das deutsche Reich bis zum Eude des elften Jahrhunderts.
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ledigung seinem Sohne Heinrich, dem er schon in den ersten Jahren
seiner Negierung die Nachfolge hatte zusichern lassem In Italien droh-
ten die Bischöfe, durch deren Erhebung die früheren Kaiser die welt-
lichen Großen beschränkt hatten, zu Landesherren zu werden. Vor
Allem wurde Heribert gefährlich. Da sich hier in den freien Bewohnern
der Städte, die sich nicht in den Kreis bischöflicher Dienstmannschaft
wollten ziehen lassen, ein Widerstand regte, benutzte Konrad dieses Ver-
hältniß, um die neu sich bildende Zwischenmacht der Bischöfe zu schwä-
chen. Eine städtische Verbindung, die sich in Mailand unter dem Namen
der Motta gegen Heribert gebildet hatte, begünstigte er gegen den Mann,
durch den er jüngst die Herrschaft über das nördliche Italien behauptet
hatte, und um die Verhältnisse in seinem Sinne zu regeln, erließ er bei
seinem zweiten Aufenthalt in Italien im Jahre 1037 eine Bestimmung,
welche die kleinen Dienstmannen in Bezug auf ihre Lehen der Willkühr
ihrer Lehensherren entzog und die Erblichkeit dieser Lehen einführte,
während sie sich in Deutschland ohne ausdrückliches Gesetz auf dem
Wege der Gewohnheit auöbildete. Dadurch wurde die Entwickelung
der städtischen Gemeinwesen befördert, indem die kleinen Dienftmannen
immer mehr in die Kreise der freien Bewohner der Städte aufgingen.
Die den Kaisern obliegende Sorge für die Wohlfahrt der Kirche trat
bei Konrads vorherrschender Rücksicht auf Steigerung der Herrscher-
gewalt in den Hintergrund. Ja die Berechnung, mit welcher er auf
diesen seinen Hauptzweck alle seine Handlungen bezog, führte ihn zu
einer dem Geiste der Kirche widerstreitenden Verfahrungsweise, indem
er geistliche Aemter für Geldsummen, die er sich zahlen ließ, verlieh und
so der für die Kirche überaus verderblichen Simonie den Weg öffnete.
Wenn demnach die deutschen Bisthümer auch unter ihm meistens wür-
dige Hirten hatten, so rührte es von dem günstigen Zustande her, in
welchem sich die Kirche in Deutschland im Vergleich mit Frankreich und
Italien befand. Die Simonie aber, welcher viele Bischöfe ihre Stellen
verdankten, wurde von ihnen oft wieder bei Ertheilung der Weihen an
die Geistlichkeit geübt. Vermehrung der Einkünfte und des Besitzes
ward, wie der Kaiser darin mit dem Beispiele voranging, bei ihnen ein
herrschender Zug. In Italien, wo sie seit der Unterdrückung der welt-
lichen Großen die eigentliche Mittelmacht bildeten, hatte schon die Noth-
wendigkeit, sich diese Stellung zu erwerben und zu behaupten, und eine
Sicherheit des Bestehens, die selbst für ihre kirchliche Unabhängigkeit nöthig
schien, zu gewinnen, sie ganz in weltliche Angelegenheiten verstrickt.
Eine Heilung des Schadens von Seiten des päpstlichen Stuhles wurde
dadurch erschwert, daß die Bischöfe im Besitze ihrer Macht sich, wenn
sie unkirchlichen Sinnes waren, auch der kirchlichen Unterordnung unter
den Papst oft entzogen. Dieses in Italien eingerissene und in Deutsch-
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