1855 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Kiesel, Karl
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
214 Das deutsche Reich bis zum Ende des elften Jahrhunderts.
Fürsten zu gewinnen und mußte mit dem Herzoge von Sachsen um so
mehr in Zwist gerathen, als die Gunst Heinrichs seinen Absichten zu
Hülfe kam. Die alte Eifersucht der Sachsen und Franken erwachte
wieder, und als Heinrich statt Speier, wo bisher für Zeiten der Ruhe
sein Aufenthalt gewesen war, und wo sein Vater das Erbbegräbniß der
Familie gestiftet hatte, Goslar zum Wohnorte wählte, wurden die
Sachsen nur um so ungehaltener, da jetzt die Leistungen für den Unter-
halt des Hofes ihnen zufielen. Rechnet man hierzu die vielen Ver-
letzungen, die mit Einziehung und Vergebung von Herzogthümern ver-
bunden sein mußten, so ergibt sich, daß auch Heinrichs kraftvolle Negie-
rung keinen neuen Zustand, der eine ruhigere Negierung gestattet hätte,
begründen konnte, daß vielmehr die Neigung zur Selbsthülfe, die unter
einer so kraftvollen Negierung nicht zu unterdrücken war, vergrößerten
Spielraum zu erwarten hatte, wenn unter einem minder kräftigen
Nachfolger mancher Groll, den jetzt die Furcht gefesselt hielt, kühner
wurde, und wenn unter einem minder einsichtigen und frommen Nach-
folger der Zündstoff sich mehrte.
15. Während so in Deutschland keineswegs ein unerschütterliches
Gebäude zu Stande kömmt, gewährt das, was Heinrich in Italien für
die Kirche schuf, seinem Urheber ein unvergängliches Verdienst. Im
nördlichen Italien stellte Heinrich dadurch die Ruhe her, daß er mit
Heribert, dessen er zur Befestigung seiner dortigen Herrschaft bedurfte,
sich versöhnte, wodurch auch ein Vergleich der Motta mit demselben
herbeigeführt wurde. Der Vortheil, den Konrad einst gesucht, war da-
durch nicht aufgegeben, da die Motta sich als Körperschaft behauptete,
und nach Heriberts Tod gegen die Bemühungen des Lehensadelö des
Erzbisthums die Wahl eines Erzbischofs durchgesetzt wurde, der dem
König ergeben war und wegen seines Gegensatzes zu dem Lehensadel
sich nur durch Anschließen an den König behaupten konnte. Das
Hauptziel von Heinrichs Thätigkeit in Italien war Nom, wo er ebenso
die Verhältnisse des päpstlichen Stuhles zu regeln suchte, wie er über-
haupt für Verbesserung der Kirchenzucht wirkte und gegen die Simonie,
deren er sich selbst enthielt, die Bischöfe warnte. Die Familie der
Grafen von Tusculum, die schon früher, namentlich in der Person des
Crescentius, verderblichen Einfluß geübt, war durch die ihr angehörigen
Päpste, Benedikt Viii. und Johann Xix., wieder zu größerer Macht
gelangt und hatte nach ihnen in Benedikt Ix., der zu der Würde ganz
unfähig war, abermals eines ihrer Mitglieder zum Papste erhoben.
Nachdem Benedikt sich verhaßt und verächtlich gemacht, ward er durch
eine Gegenpartei vertrieben, und Sylvester Iii. an seine Stelle gewählt.
Doch da Benedikt sich mit Gewalt behauptete, hatte die Kirche zwei
Päpste, und es war ein Schisma entstanden. Dem Aergernisse abzu-