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1. Fünfzehn Jahrhunderte - S. 282

1855 - Freiburg im Breisgau : Herder
282 Die Kreuzzüge und der Osten im zwölften Jahrhundert streben, die einzelnen Glieder der Christenheit zu einem großen geistlichen Reiche zusammenzuhalten, wieder stärker hervorgetreten, und naturgemäß war auch der Widerstand gegen dieses Bestreben erwacht. Beides wird durch die Geschichte Gregors Vh. veranschaulicht. Er und die seinen Spuren folgenden Nachfolger ergriffen den Gedanken einer gemeinsamen Negierung der christlichen Völker hinsichtlich der nicht deren besondere Verhältnisse betreffenden Angelegenheiten. Daß sie unter dem Einflüsse des damals alle staatlichen Verhältnisse durchdringenden Lehenswesens sich zu Lehensherren aller Fürsten hätten aufwerfen wollen, ist zwar nicht zu beweisen, aber sie nahmen ein richterliches Ansehn in Anspruch für diejenigen Fälle, wo das staatliche Leben mit den von der Kirche nothwendig zu machenden Forderungen in Widerspruch trat, wo das Thun der Herrscher den der Kirche zur Erfüllung ihrer Sendung unent- behrlichen Einfluß mit Schmälerung bedrohte oder die sittliche Ordnung verletzte, sowie für die Fälle, wo Krieg christlicher Staaten gegen einan- der die Christenheit den Gefahren der Zersplitterung und wiederkehrender Rohheit aussetzte. Dabei war freilich eine scharfe Abgrenzung zwischen Angelegenheiten, die in den Bereich des Papstes gehörten und solchen, die davon ausgeschlossen waren, zwischen geistlichen und weltlichen An- gelegenheiten, nicht möglich. Einmal ist an sich schwer zu bestimmen, was in Bezug auf die von der Kirche zu verfolgenden Zwecke ganz gleichgültiger Art sei. Dann aber war in einer Zeit, wo die staat- lichen Verhältnisse sich erst bildeten, fortwährend der Gefahr entgegen zu arbeiten, daß Einrichtungen, die in den einzelnen Ländern entstanden, den Einfluß der Kirche auf dieselben hinderten, und eine Vereinzelung zum Absterben des christlichen Lebens führte. Diese Gefahr war um so größer, als die neubekehrten Völker auch als Glieder der Christen- heit noch unter der wenig gedämpften Herrschaft der aus früheren Zu- ständen mitgebrachten Gewohnheiten und der noch nicht hinreichend gezügelten Triebe standen. Je mehr daher die Gestaltung der neuen Verhältnisse unter dem Einflüsse von Willkühr vor sich ging und erst die Schranke der Gewalt den Befugnissen Grenze ward, desto dringen- deres Bedürfniß war es, daß das Ansehen der Kirche mit einer auf gesammelter und geordneter Erfahrung beruhenden Negierungskunst, die damals in ihr allein zu finden war, in den Gang der Begebenheiten regelnd eingriff. Wenn dabei zuweilen Herrschaft als das Ziel der kirchlichen Bestrebungen, die in den Päpsten ihren Mittelpunkt hatten, erschienen ist, so war sie nur das nächste Ziel, dessen Verfolgung nöthig war, wenn ein höheres nicht unerreichbar bleiben sollte. Eine Ueber- schreitung der Befugnisse ließ sich den Würdenträgern der Kirche nicht mit Recht vorwerfen, weil eine Abgrenzung von Befugnissen, wie sie eine spätere Zeit auf Grund gemachter Erfahrungen durch ausdrückliche
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